Essen. . Bei Thyssenkrupp kann der Konzernumbau nach dem radikalen Strategiewechsel beginnen. Der Aufsichtsrat gibt grünes Licht – einstimmig.

Thyssenkrupp-Vorstandschef Guido Kerkhoff hat grünes Licht für seinen radikalen Strategiewechsel bekommen. Der Aufsichtsrat des Konzerns habe den Plänen des Vorstands zur grundlegenden Neuausrichtung des Unternehmens einstimmig zugestimmt, teilte Thyssenkrupp nach einer Sitzung des Gremiums mit.

„Wir haben vereinbart, dass der Vorstand die Pläne jetzt konkret ausarbeitet und mit der Umsetzung beginnt“, erklärte die neue Thyssenkrupp-Aufsichtsratschefin Martina Merz. „Wir als Aufsichtsrat sind überzeugt davon, dass der Vorstand mit der neuen Strategie den richtigen Weg eingeschlagen hat. Damit werden wir den Interessen von Mitarbeitern, Kunden und Aktionären gleichermaßen gerecht.“

Durch Börsengang Kapitalbasis stärken

Nach dem Scheitern der geplanten Stahlfusion mit Tata hatte Vorstandschef Kerkhoff auch die angestrebte Zweiteilung von Thyssenkrupp in einen Industrie- und einen Werkstoffkonzern begraben. Stattdessen will er die lukrative Aufzugsparte an die Börse bringen, um die Bilanz des Essener Traditionskonzerns zu stärken. Im Zuge einer harten Sanierung sollen in den kommenden drei Jahren 6000 Arbeitsplätze wegfallen.

„Mit der Zustimmung des Aufsichtsrats können wir die strategische Neuausrichtung jetzt angehen“, erklärte Kerkhoff nach der Aufsichtsratssitzung. „Im Zentrum der neuen Strategie steht der wirtschaftliche Erfolg unserer Geschäfte. Dabei stärken wir mit dem Börsengang des Aufzugsgeschäfts unsere Kapitalbasis, um die Weiterentwicklung der einzelnen Unternehmen im Konzern vorantreiben zu können.“ Gleichzeitig wolle er die Geschäfte von Thyssenkrupp „als ein flexibles Portfolio führen“ und die neue Organisationsstruktur „konsequent darauf ausrichten“.

Gespräche zur Stahlsparte geplant

Mit den Arbeitnehmervertretern der Stahlsparte wolle er „zügig Gespräche aufnehmen“, sagte Kerkhoff, „damit dort schnell Klarheit darüber besteht, wie wir den Stahl zukunftsfähig machen“.

Zum Zeitplan für den Konzernumbau erklärte Thyssenkrupp, im August 2019 werde das Unternehmen mit der Bekanntgabe der Quartalszahlen weitere Details zur strategischen Neuausrichtung bekanntgeben.

Die Zustimmung des Aufsichtsrats war erwartet worden. Bereits vor einigen Tagen hatten das Präsidium sowie der Strategie-, Finanz- und Investitionsausschuss des Thyssenkrupp-Aufsichtsrats einstimmig die Pläne zum Konzernumbau unterstützt. Mitglieder in den Kontrollgremien sind unter anderem Aufsichtsratschefin Martina Merz, Krupp-Stiftungschefin Ursula Gather, Markus Grolms von der IG Metall sowie Jens Tischendorf vom Großaktionär Cevian.

IG Metall setzt auf Veto-Recht bei Verkäufen

Die Aufsichtsratsgremien stimmten dabei auch einer Grundlagenvereinbarung von Vorstand und IG Metall zu: Wenn in Zukunft Unternehmen von Thyssenkrupp verkauft oder verselbstständigt werden, soll in jedem Fall zunächst eine „Fair-Owner-Vereinbarung“ („fairer Eigentümer“) mit der IG Metall getroffen werden. Mit der Grundlagenvereinbarung seien „Standards für den fairen Umgang mit den Beschäftigten festgelegt“, betonte Grolms.

Die FAZ berichtete vor der Aufsichtsratssitzung, der Thyssenkrupp-Vorstand habe Rückenwind von der Krupp-Stiftung erhalten. Die mit 21 Prozent größte Aktionärin unterstütze die Pläne des Vorstands für einen Börsengang der Aufzugsparte. Die Stiftung erwarte auf diese Art einen schnelleren Geldzufluss, als er über einen direkten Verkauf der Sparte möglich wäre.

Spekulationen zur Zukunft der Aufzugsparte

Vorstandschef Kerkhoff betonte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Für das Aufzuggeschäft planen wir einen Börsengang und werden die Mehrheit an Elevator aber behalten.“ Ziel sei eine „Stärkung der Bilanz“ und der Geschäfte des Konzerns. Die Kapitaldecke von Thyssenkrupp gilt als dünn. Insider verweisen darauf, dass ein Börsengang schnellere Verbesserungen verspreche als ein Deal mit Konkurrenten wie Kone oder Schindler. Denn in einem solchen Fall wäre eine lange kartellrechtliche Prüfung mit ungewissem Ausgang zu erwarten. Zudem drohe in der Thyssenkrupp-Sparte bei einer Fusion ein stärkerer Stellenabbau als bei einem Börsengang.

Der finnische Konzern Kone erwägt Insidern zufolge einen Einstieg bei der Thyssenkrupp-Aufzugsparte. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, Kone lote eine entsprechende Offerte für das Geschäft mit rund 53.000 Mitarbeitern aus. Der finnische Konzern arbeite dabei mit der Bank of America zusammen.