Essen. . Kaum sind bei Thyssenkrupp Börsengang-Pläne für die Aufzugsparte verkündet, gibt es Spekulationen zu einem Einstieg des finnischen Rivalen Kone.
Der finnische Konzern Kone erwägt Insidern zufolge einen Einstieg bei der Aufzugsparte von Thyssenkrupp. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, Kone lote eine entsprechende Offerte für das Geschäft mit rund 53.000 Mitarbeitern aus. Der finnische Konzern arbeite dabei mit der Bank of America Merrill Lynch zusammen. „Es ist doch klar, dass Kone sich das jetzt anschaut“, sagte demnach ein Insider. Kones Überlegungen müssten allerdings nicht zwingend in ein Übernahmeangebot münden. Die Finnen müssten sich finanziell schon sehr strecken. Möglich sei eine Offerte, bei der neben Bargeld auch eigene Aktien angeboten würden.
Ein Thyssenkrupp-Sprecher verwies gegenüber Reuters auf Aussagen von Vorstandschef Guido Kerkhoff, wonach der Börsengang der Aufzugssparte der Stärkung der Kapitaldecke dienen soll. Bank of America Merrill Lynch lehnte einen Kommentar ab.
Thyssenkrupp-Chef Kerkhoff setzt auf Börsengang
„Was wir jetzt brauchen, ist eine Stärkung der Bilanz und unserer Geschäfte. Die erreichen wir mit dem nun geplanten Börsengang der Aufzugsparte“, sagte Thyssenkrupp-Chef Kerkhoff im Gespräch mit unserer Redaktion. „Gleichzeitig gibt das unserem Aufzuggeschäft auch mehr Freiheit, selbst schneller zu wachsen.“
Auf die Frage, ob Thyssenkrupp bei den Geschäften mit Auto-Komponenten, Industrieanlagen und Aufzügen die Mehrheit abgeben werde, sagte Kerkhoff: „Grundsätzlich schließen wir nichts aus. Für das Aufzugsgeschäft planen wir einen Börsengang und werden die Mehrheit an Elevator aber behalten. Bei allen anderen Geschäften geht es gar nicht so sehr um die Frage, ob wir eine Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligung haben, es geht um die beste Perspektive für unsere Geschäfte.“
Kone plädiert für Zusammenschlüsse in der Branche
Kone-Großaktionär Antti Herlin war bereits vor einigen Jahren mit Fusionswünschen an Thyssenkrupp herangetreten. Eine Kone-Sprecherin sagte nun gegenüber Reuters zu einem erneuten Interesse, derartige Spekulationen kommentiere der Konzern grundsätzlich nicht: „Wir sagen seit Jahren, dass eine Konsolidierung notwendig ist. Daran hat sich nichts geändert.“
Kone hat einen Börsenwert von 22,2 Milliarden Euro. Den Wert der Thyssenkrupp-Sparte Elevator schätzen Experten auf 14 bis 15 Milliarden Euro, womit der Bereich fast doppelt so viel wert wäre wie der Essener Gesamtkonzern, den Schulden und Pensionsverpflichtungen belasten. Insidern zufolge gilt als möglich, dass sich auch der Schweizer Aufzughersteller Schindler für das Thyssenkrupp-Geschäft interessieren könnte.
Treffen mit Kone-Eigner Herlin in der Villa Hügel
Vor einigen Monaten war bekannt geworden, dass Ursula Gather, die Kuratoriumsvorsitzende des Großaktionärs Krupp-Stiftung, bereits vor geraumer Zeit den Kone-Haupteigner Antti Herlin in der Essener Villa Hügel getroffen hat. Dem Vernehmen nach dringt der Thyssenkrupp-Großaktionär Cevian – ein Finanzinvestor – seit längerem darauf, die Aufzugsparte, die als Tafelsilber des Ruhrkonzerns gilt, zu Geld zu machen.
„Ein mögliches Zusammengehen oder eine Kooperation mit dem Wettbewerber Kone gilt schon seit einiger Zeit als eine strategisch plausible Option“, sagte Ingo Speich von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Investment.
Analysten der Bank of America Merrill Lynch hatten dem Thyssenkrupp-Management vor einigen Tagen nahegelegt, einen Plan zu entwickeln, um den Wert der Aufzugsparte zu heben.
Konzern Linde gilt als Kandidat für Anlagenbau-Sparte
Thyssenkrupp-Chef Kerkhoff will künftig auf ein „flexibles Portfolio-Management“ setzen. Gemeint ist eine grundlegend neue Strategie für den Essener Traditionskonzern. Verstand sich Thyssenkrupp bislang als breit aufgestellter Industrie- und Technologiekonzern mit Geschäften, die im Kern zusammengehören, setzt Kerkhoff nun auf eine klassische Holding-Struktur. Unter dem Dach einer vergleichsweise kleinen Zentrale sollen die Unternehmen mit ihren Geschäften rund um Aufzüge, Autoteile, Düngemittelfabriken, U-Boote und Stahl möglichst viel Freiraum erhalten und praktisch wie Firmenbeteiligungen geführt werden.
Bei der Anlagenbau-Tochter Industrial Solutions seien Zusammenschlüsse mit dem Industriekonzern Linde möglich, sagten die Insider nach Angaben von Reuters. Vor zwei Jahren habe es bereits Gespräche zwischen den Unternehmen über eine Fusion in diesem Bereich gegeben. Diese seien zwar ergebnislos geblieben, könnten aber jederzeit wieder aufgenommen werden.