Frankfurt/Main. Nach Lidl trifft jetzt auch ein Unternehmen der Handelskette Edeka der Verdacht, Mitarbeiter bespitzelt zu haben. Detektive sollen laut einem Medienbericht Hausbesuche bei krankgemeldeten Mitarbeitern gemacht und Privatautos der Angestellten durchsucht haben.

Ein Unternehmen der Handelskette Edeka hat nach einem Bericht des Magazins «Focus» Mitarbeiter mit Hilfe von Privatdetektiven ausspähen lassen. Betroffen sind Märkte der Marke Edeka-Simmel, heißt es in dem Bericht. Detektive sollen demnach Hausbesuche bei krankgemeldeten Mitarbeitern gemacht und Privatautos der Angestellten durchsucht haben. Die Handelskette war am Sonntag zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Der «Focus» beruft sich in dem Bericht auf interne Geschäftspapiere. Aus Verträgen und einer Arbeitsanweisung vom 9. Januar 2009 gehe hervor, dass die beauftragten Detektive pro Woche 20 Wagen kontrollierten. «Wenn Mitarbeiter sich weigern, den Wagen zu öffnen, drohen wir damit, die Polizei zu rufen und verweisen darauf, dass dieses sicherlich arbeitsrechtliche Konsequenzen haben werde», zitierte das Blatt einen Detektiv.

Verdi will Anzeige erstatten

Firmenchef Peter Simmel wies dem Bericht zufolge die Vorwürfe zurück. Nur in einem einzigen Fall habe es eine Wagenkontrolle gegeben. Bei der Edeka-Zentrale in Hamburg und bei der Simmel AG in Chemnitz war am Sonntag für Nachfragen der Nachrichtenagentur AP niemand erreichbar. Auch auf E-Mails gab es keine Antwort.

Die Gewerkschaft Verdi will nach eigener Aussage auf die Vorgänge reagieren. «Wir werden Anzeige erstatten und den Vorgang an die Prüfbehörden weiterleiten», sagte der bayerische Verdi-Funktionär Hubert Thiermeyer dem Bericht zufolge.

Die ersten Simmel-Märkte wurden laut Unternehmen 1990 in Sachsen gegründet. Mit Stand 2008 betrieb Simmel 32 Märkte in Sachsen, Bayern sowie Thüringen und beschäftigte 1.000 Mitarbeiter. Der Umsatz betrug 106 Millionen Euro. Die Edeka-Gruppe erwartet in diesem Jahr einen Umsatz von 43 Milliarden Euro und ist mit mehr als 12.000 Märkten Deutschlands größter Lebensmittelhändler. Zu der Gruppe gehören auch 4.500 selbstständige Kaufleute wie Simmel.

Zuvor auch Lidl in den Schlagzeilen

Die Vorgänge erinnern an ähnliche Vorgänge weiterer Supermarktketten: Wegen der unzulässigen Aufzeichnung von Krankheitsdaten von Beschäftigten erließ die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte im Sommer ein Bußgeld von 36.000 Euro gegen das Lidl-Unternehmen. Auch bei Großkonzernen wie der Deutschen Telekom oder der Deutschen Bahn gab es in letzter Zeit Datenschutzskandale.

Angesichts der Affären kündigte die SPD einen eigenen Gesetzentwurf zur Stärkung des Datenschutzes für Arbeitnehmer an. Wie Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier im «Hamburger Abendblatt» ankündigte, soll er bereits in der neuen Woche vorgelegt werden.

Der Gesetzentwurf regelt, welche Daten Arbeitgeber von Arbeitnehmern erheben, verwenden und weitergeben dürfen. Besonders sensibel müsse mit Gesundheitsdaten verfahren werden. Die Erstellung von Persönlichkeits- und Gesundheitsprofilen solle verboten werden. Bei Verstößen dagegen sollen die betroffenen Unternehmen mit empfindlichen Geldstrafen belegt werden. In besonders schweren Fällen will die SPD auch Gefängnisstrafen.

«Die Fälle von Datenmissbrauch in deutschen Großunternehmen sind eklatant», kritisierte der Fraktionsvorsitzende. «Die Skandale der jüngsten Zeit sind nicht vergessen. Hier ist alles aus den Fugen geraten», wird Steinmeier weiter zitiert.

Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat angekündigt, den Datenschutz von Arbeitnehmern zu stärken. Ein Gesetzentwurf dafür liegt noch nicht vor. (ap)