Bochum. . Die Bochumer GLS Bank verlangt von vermögenden Kunden Geld für hohe Guthaben. Bankchef Jorberg fordert eine „Finanzwende“.
Als Deutschlands führende Alternativbank hebt sich das Bochumer Institut GLS in vielerlei Hinsicht von herkömmlichen Geldhäusern ab. So veröffentlicht die GLS seit Jahren akribisch, welcher Kunde zu welchem Zweck einen Kredit erhalten hat – Bio-Metzgereien, Windkraftbetreiber, Wohnungsgenossenschaften oder Waldorfschulen zum Beispiel. „Wir wollen das Geld dorthin bringen, wo es tatsächlich gebraucht wird“, sagt GLS-Vorstandssprecher Thomas Jorberg. Der Markenkern des Unternehmens lautet: „Geld muss den Menschen dienen.“
Mit dieser Botschaft verzeichnet die GLS Bank seit geraumer Zeit Zulauf. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Kunden um 2000 auf 213 000 gestiegen – trotz eines ungewöhnlichen Schritts: Zu Jahresbeginn hat die genossenschaftliche Bank eine Art Solidarbeitrag in Höhe von fünf Euro monatlich eingeführt – zusätzlich zur Kontoführungsgebühr von 3,80 Euro. In aller Regel muss ein GLS-Kunde mit einem Girokonto also 105,60 Euro jährlich zahlen. Ermäßigungen gibt es aber beispielsweise für Alleinerziehende oder in besonderen Ausnahmefällen.
„Ich würde das niemals Strafzins nennen“
Ebenso unkonventionell: Grundsätzlich können Kunden der GLS Bank ihr Konto kostenlos überziehen. Der Dispozins liegt bei 0,0 Prozent. Aus Sicht von Vorstandssprecher Jorberg ist dies ein logischer Schritt, da es weltweit ein Überangebot von Geld auf den Kapitalmärkten gebe.
Vermögende Privatkunden bittet die Bank zur Kasse. Seit Frühjahr vergangenen Jahres fällt bei einem Guthaben, das höher ist als eine Million Euro, ein Negativzins von 0,4 Prozent an. Davon betroffen seien derzeit 126 Kunden mit Einlagen von zusammen 310 Millionen Euro, berichtet Jorberg bei der Vorlage der Jahresbilanz in Bochum. „Ich würde das niemals Strafzins nennen“, betont Jorberg. Und seine Vorstandskollegin Christina Opitz fügt hinzu: „Für Kunden, die diese Beträge bewegen, ist das heute völlig normal.“
Bank von Anthroposophen gegründet
Das Kürzel GLS steht für „Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“. Die Genossenschaftsbank wurde 1974 von Anthroposophen gegründet und hat derzeit rund 570 Beschäftigte. Sie gehört zum Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken.
Nach Angaben von Jorberg will die GLS Bank nun auch politisch aktiver werden – „im Auftrag unserer Kunden“, wie er sagt. So plädiert der Vorstandssprecher unter anderem für eine „Finanzwende“, bei der es um „Gemeinwohl- statt Gewinnmaximierung“ gehe, dazu gehöre „mehr Kapital- und weniger Arbeitsbesteuerung“. Mit Blick auf die Agrarwirtschaft wünscht sich die Bank eine Abgabe auf Spritz- und Düngemittel, um die Verunreinigung des Grundwassers zu bestrafen. Gentechnik in der Landwirtschaft lehnt die GLS Bank ab.
Gegen Kohle, Gentechnik und Düngemittel
In der Energiepolitik fordert Jorberg eine Abgabe auf Kohlendioxid, womit der Einsatz von Kohle zur Stromerzeugung teurer als bisher würde. Es sei „eine Illusion“, dass Kohle „billiger sei als regenerative Energie“, sagt Jorberg. Vor wenigen Tagen hat sich auch der Chef des Essener Energiekonzerns Eon, Johannes Teyssen, für eine CO2-Abgabe ausgesprochen – nicht nur für die Stromerzeugung, sondern auch für das Heizen und Tanken. „Wer hätte das gedacht, dass so ein Unternehmen mal für eine CO2-Abgabe plädiert“, kommentiert Jorberg den Vorstoß.
Bei der Vergabe von Krediten geht die GLS Bank ebenfalls politisch vor, indem das Geld ausschließlich in Projekte aus den Bereichen Soziales, Wohnen, Energie, Bildung, Ernährung und nachhaltige Wirtschaft fließt. Mehr als 27 400 Firmen und Projektbetreiber zählt die Bank als Kreditkunden. Das Kreditvolumen sei um 24 Prozent auf rund drei Milliarden Euro gewachsen. Die Zahl der Mitglieder der Genossenschaftsbank hat sich um 4,5 Prozent auf 48 400 erhöht. Gemessen an den Niedrigzinsen ist ein Genossenschaftsanteil eine interessante Geldanlage. Das GLS-Management strebt eine Dividende von zwei Prozent an.