Nanjing. Vor 21 Jahren hat Johannes Rau (SPD) die Urkunde zur Begründung einer Partnerschaft zwischen NRW und der Provinz Jiangsu in Südchina unterzeichnet. Jürgen Rüttgers (CDU) ist seitdem der erste NRW-Ministerpräsident, der die rund 75 Millionen Einwohner zählende Region wieder besucht.

Während sich die Landespolitik lange mit Präsenz vor Ort zurückhielt, fanden vor allem Mittelständler den Weg in die an Shanghai grenzende Partnerprovinz. Über 50 Firmen aus NRW sind mittlerweile in Jiangsu aktiv.

Das China-Geschäft boomt

Etwa der Dortmunder Hersteller von Seilen, Ketten und Gurten zur Transportsicherung, Udo Dolezych. Er eröffnete vor sechs Jahren eine Niederlassung in Kunshan. Mit sechs Mitarbeitern. Inzwischen sind es über 130. Am Mittwoch wird Jürgen Rüttgers Dolezychs neue Werkshalle einweihen.

Das China-Geschäft boomt. Nicht nur bei ihm. Walter Mennekes aus dem sauerländischen Olpe hat schon 1996 ein Zweigwerk zur Produktion von Elektro-Steckverbinden in der Provinzhauptstadt Nanjing aufgebaut. Jedes Jahr konnte er bisher seinen Umsatz um zehn Prozent steigern.

Am Dienstag zieht er Rüttgers einen Arbeitskittel über und lässt ihn das erste Exemplar einer neuen Generation Stromverteiler zusammenschrauben. Der Ministerpräsident zeigt handwerkliches Talent. Schließlich war sein Vater Anton Elektromeister. Als der Kasten die Endprüfung bestanden hat (er soll später einen Platz in Rüttgers Privatgarage in Pulheim finden), reißen die 120 chinesischen Mennekes-Mitarbeiter anerkennend die Arme hoch und jubeln. Ihren Chef lobt Rüttgers als „Mittler der Kulturen“ und lebendes Beispiel dafür, dass es sich „lohnt, nach China zu gehen“. Es lohne sich aber auch, „weiterhin im Sauerland zu produzieren“, fügt er hinzu.

Engagement in Asien kostet keine Arbeitsplätze in Deutschland

Dass ihr Engagement in China keine Arbeitsplätze in Deutschland kostet, sondern schafft, darauf legt auch der Essener Kessel-Hersteller Oschatz wert. Er hat ebenfalls seit 1996 eine Fertigungsstätte in Nanjing mit inzwischen 650 Beschäftigten. 2008 konnte er die Produktion im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln. „Für jeden zehnten Arbeitsplatz in China kommt einer in Deutschland dazu“, sagt Vertriebsleiter Jan-Christopher Schrag.

Der Deutsche Botschafter in Peking, Michael Schäfer, ist zwar am Dienstag noch etwas beunruhigt wegen der Schlagzeilen, die Rüttgers nach seinem Zusammentreffen mit Zhang Dejiang ausgelöst hat. Gegenüber dem Stellvertretenden Ministerpräsidenten der Volksrepublik China hatte der NRW-Ministerpräsident seine Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte und freier Religionsausübung über eine Solidaritätsbekundung mit dem Dalai Lama ausgedrückt. Doch in der Partnerprovinz Jiangsu ist von einer offiziellen Verstimmung der Chinesen nichts zu spüren. Im Gegenteil: Hier sind die Gäste aus NRW herzlich willkommen.

Am Mittwoch wird Jürgen Rüttgers den Wunsch nach weiterem Wirtschafts- und Kulturaustausch zwischen NRW und der Provinz am Yangtse-Fluss durch Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung mit dem Gouverneur von Jiangsu, Luo Zhijun, neu bekunden. Schließlich war seit 21 Jahren kein NRW-Ministerpräsident mehr dort.