Bonn. Die Deutsche Telekom soll die Bundesregierung mit mehreren tausend Sicherheitshandys ausstatten. Durch die besonders geschützten Geräte soll vermieden werden, dass vertrauliche Regierungsinformationen in Datennetze außerhalb Deutschlands gelangen. Auch Merkel soll ein Smartphone bekommen.
Die Deutsche Telekom stattet die Bundesregierung mit mehreren tausend Sicherheitshandys aus. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel soll nach Informationen der WAZ ein sogenanntes Smartphone erhalten, das verschlüsselte E-Mails verschicken kann. Die Technologie hierfür stammt von der Telekom-Tochter T-Systems. Experten streiten darüber, ob die beliebten E-Mail-Handys von Blackberry sicher genug sind für Minister und Regierungsbeamte. Schließlich könnten vertrauliche Informationen in Datennetzen außerhalb Deutschlands landen.
Als Chef von T-Systems ist Reinhard Clemens bei der Deutschen Telekom für besonders große Kunden zuständig. Im Interview mit der WAZ-Gruppe spricht der Telekom-Vorstand über neue Technologien, Datenklau und seine Dienste für die Regierung.
Deutsche Ingenieure genießen im Ausland traditionell einen guten Ruf. Wie steht es eigentlich um das Image des deutschen IT-Experten?
Reinhard Clemens: Wir sind sehr gut in der Lieferung, aber leider oft zu schlecht im Verkaufen. Tatsächlich sind deutsche Fachkräfte auf dem IT-Sektor in vielen Bereichen führend.
Als Chef der Geschäftskundensparte der Deutschen Telekom T-Systems mit ihren rund 46.000 Beschäftigten konkurrieren Sie mit globalen Branchenriesen wie IBM oder Hewlett Packard. Wie steht es um den Technologiestandort Deutschland?
Clemens: Deutschland ist heute vor allem eine Exportnation. Aber das muss ja nicht auf ewig so bleiben. Wir werden mehr und mehr direkte Wertschöpfung im Ausland haben. Unsere Kunden sind 400 große Unternehmen wie BMW, Daimler, Shell, die Deutsche Post oder VW. Die brauchen Kommunikation und EDV überall in der Welt, ob in Russland, China oder Malaysia. Über 20.000 unserer Beschäftigten arbeiten bereits außerhalb Deutschlands – Tendenz steigend.
Sie verlagern Jobs ins Ausland?
Clemens: Es geht nicht um Verlagerung, sondern um die Öffnung des Unternehmens für internationale Märkte. Die Industrie, in der wir tätig sind, verändert sich und das Geschäft unserer Kunden dramatisch. Wir folgen ihnen dahin, wo sie uns brauchen.
Die Telekom betreibt für ihre Kunden riesige Rechenzentren und Datennetze. Lassen die sich einfach nach Fernost verlagern?
Clemens: Das muss nicht nötig sein. Wenn jemand in Kasachstan eine Rechnung schreibt, kann das auch über ein Rechenzentrum in Essen oder Bielefeld abgewickelt werden. Für Shell betreiben wir SAP-Anwendungen für Mitarbeiter auf der ganzen Welt an einem Standort – nämlich in München.
Als Sie vor zwei Jahren Chef von T-Systems geworden sind, hieß es: Da kommt der Sanierer für die Sorgensparte der Telekom.
Clemens: Wenn ein Tanker auf einer Sandbank feststeckt, muss man ihn leichter machen, damit Wasser unter den Kiel kommt und das Schiff wieder flott wird. Das ist uns gelungen.
Sie wollen in den Jahren 2009 und 2010 rund 3000 Stellen abbauen.
Clemens: Wir haben uns mit unseren Sozialpartnern auf eine sozialverträgliche Lösung geeinigt. Jetzt blicken wir nach vorne.
Mit sieben Kollegen, darunter Telekom-Chef René Obermann, sitzen Sie regelmäßig am Vorstandstisch. Wie oft ist Ihre Sparte Thema?
Clemens: Sehr oft. T-Systems war vielleicht einmal das ungeliebte Kind, nun sind wir vom Teil des Problems zum Teil der Lösung geworden.
Warum?
Clemens: Weil wir Zukunftsthemen besetzen. Nehmen Sie die Sicherheit im Datenverkehr. Bei vielen Unternehmen wächst das Bedürfnis, wichtige Daten sicherer zu machen, zum Beispiel durch verschlüsselte E-Mails oder Telefongespräche. Industriespionage ist eine beachtliche Gefahr. Auch Top-Politiker möchten über absolut sichere Kanäle kommunizieren. Das Bundesinnenministerium hat mit uns einen Rahmenvertrag abgeschlossen, der rund 350 Organisationen des Bundes den Einsatz hochsicherer Smartphones ermöglicht. Den Anfang machen 13 Bundesministerien. Jetzt wollen wir mehrere tausend Endgeräte ausliefern.
Sind normale E-Mails, SMS oder Telefonate etwa nicht sicher?
Clemens: E-Mail, SMS und Telefon sind verlässliche und sichere Kommunikationsmedien. Die Deutsche Telekom sendet und empfängt täglich 30 Millionen Mails. Trotzdem gibt es Bereiche, mit höherem Schutzbedarf. Für den Austausch zwischen Unternehmen, Verwaltung und Bürgern starten wir daher die De-Mail, mit der Bürger rechtssicher Mails verschicken können.
Dabei wurde doch gerade die Telekom von Datenskandalen erschüttert.
Clemens: Was da passiert ist, hat uns tief getroffen. Wir haben auch in der Öffentlichkeit unser Fett abbekommen und wir haben unsere Lektion gelernt. In den vergangenen zwei Jahren haben wir intensiv daran gearbeitet, so etwas künftig zu vermeiden.
Glauben Sie, dass sich in deutschen Büros irgendwann kein Blatt Papier mehr befindet, da alles elektronisch läuft? Werden Geschäftsreisen verschwinden und durch Videokonferenzen ersetzt?
Clemens: Na ja, ganz ohne Papier wird es wohl nicht gehen. Aber die Zukunft ist nicht aufzuhalten. Mittlerweile gibt es fantastische Videokonferenzen, bei denen ich in Bonn das Gefühl bekomme, mit meinem Gesprächspartner aus Peking in einem Raum zu sitzen. Übrigens lasse ich jeden Morgen, wenn ich nicht zu Hause bin, eine Videokonferenz mit meiner Familie schalten.