Bochum. Die Uni Bochum hat eine Art Hacker-Studium im Angebot. Hier lernen Computer-Freaks das Böse kennen, um später Gutes zu tun. Das in Deutschland einzigartige Angebot vermittelt die Tricks der PC-Bösewichte - etwa beim Online-Banking. Viele Internet-Nutzer fordern das Unglück heraus.

Schon mal was von einem „Cracker” gehört? Klingt wie Salzgebäck, ist aber die Bezeichnung für einen Schurken. Ein Cracker schleicht sich in fremde Dateien. Er knackt einen Server wie Diebe den Tresor. Er verbreitet Angst im Internet und verwandelt virtuelles Geld in Bares. Ein Cracker ist also ein moderner Räuber. Nicht zu verwechseln mit einem Hacker.

Hacker sein, das ist für Dominik Birk (27) eine Frage der Ehre. „Ein Hacker ist ein technikbegeisterter Mensch, der am Computer seine Grenzen austestet”, sagt Birk. Er muss es wissen, in der Ruhr-Uni arbeitet der Schwabe am Lehrstuhl für Netz- und Datensicherheit. Keine andere Uni hat das im Angebot: ein Hacker-Studium mit Grenzerfahrung vom ersten Semester an.

Düstere Facetten der Informationstechnologie

Dahinter steht eine schlichte Weisheit: Wer das Gute will, muss das Böse kennen. Also lernen die Studenten all die düsteren Facetten der Informationstechnologie kennen, vor denen sie uns später bewahren sollen. Frederik Braun aus Bottrop ist so einer. Mit Dennis Walter, Bastian Bartels und Tim Werthmann sitzt er im Labor: PCs surren, die Wände sind kahl, die Finger fliegen über die Tasten. Hier pflegen sie einen seltsamen Jargon, reden von „awareness”, „crime-race” oder „malware” . Was hier drin geschieht, wäre draußen verboten. Und die Regeln sind hart: Wer die Fakultät in Verruf bringt, der fliegt.

Die vielen Nachrichten von abgezockten Online-Bankkunden wundern hier niemanden. Dominik Birk rät nicht grundsätzlich ab vom Online-Banking, er verwaltet selbst sein Konto am PC. „Aber man sollte doch wissen, dass da nicht einzelne Bösewichte auf Beute lauern, sondern eine regelrechte Industrie – Paten, Vorarbeiter und viel Fußvolk.” Diese Mafia sitze überall. In China, in Sibirien oder nebenan im Schwarzwald. „Früher”, sagt Birk, „haben Nutzer eine Mail von einer falschen Bank bekommen, mit der Aufforderung die Zugangsdaten zu übermitteln. Diese ,Phishing-Mails' waren oft in schlechtem Deutsch geschrieben und wirkten dilettantisch. Heute ist es üblich, die Rechner mit einer Schad-Software zu „infizieren”. Per Mail oder beim Surfen im Internet. „Das geschieht ganz nebenbei. ,Drive-By-Infektionen' nennen das die Experten, die sind derzeit der Renner”, so Birk.

Großmutters Rezepte als Angriffspunkt

Die Bochumer warnen: „Wenn das Geld erst einmal weg ist, dann bekommt man es so schnell nicht wieder. Es gibt eine Geldwäsche-Industrie, die die Beträge auf vielen fremden Konten kurz ,parkt'. Oft sind die Kontoinhaber Privatleute, die nichts Böses ahnen.”

Die Kompromittierung eines ganzen Netzwerkes oder eines Servers sei natürlich viel schwieriger, aber nicht unmöglich. Dominik Birk und sein Kollege Dr. Christoph Wegener wissen, warum: „Das Internet ist unglaublich komplex geworden. Alle machen mit, Großmütter stellen ihre Kochrezepte rein. Da gibt es einfach mehr Angriffspunkte in einem System.”

Nie wieder komplett gelöscht

Zu viele Internet-Nutzer fordern das Unglück geradezu heraus. „Die stellen die privatesten Dinge in soziale Netzwerke wie studiVZ oder Xing. Diese Daten kriegst du nie wieder komplett gelöscht”, wundert sich Birk über den meist jugendlichen Leichtsinn. Wer ist Schuld? Die Eltern, aber auch die Schulen. „Die vermitteln keine Medienkompetenz”, kommentieren die Bochumer. Birk: „Bei einer Unterschrift sind die meisten Menschen automatisch vorsichtig. Das liegt wohl daran, dass mit törichten Unterschriften ganze Generationen Schiffbruch erlitten haben. Vielleicht muss sich dieser Schiffbruch erst bei der Internet-Generation wiederholen.”