Stuttgart. Der Autoriese Daimler hat über Jahre persönliche Krankheitsdaten von Mitarbeitern zentral gespeichert und Vorgesetzen zugänglich gemacht. Dies hat die baden-württembergische Datenschutzbehörde am Mittwoch gerügt. Zudem würden von Bewerbern rechtswidrig auch Bluttests verlangt.
Der Autobauer Daimler hat erneut gegen den Datenschutz verstoßen. Der Konzern handelte sich eine Rüge ein, weil zu viele Personen Zugriff auf Informationen über kranke Mitarbeiter hatten, wie die baden-württembergische Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich am Mittwoch in Stuttgart mitteilte. Die Behörde monierte, dass die Speicherung des Krankheitsgrunds teilweise ohne Rechtsgrundlage und Einwilligung der Betroffenen erfolgte. Unterdessen wurden neue Vorwürfe laut. Der Konzern soll von Bewerbern Blutproben verlangt haben, obwohl sie noch keine Zusage für eine Stelle hatten.
Die Aufsichtsbehörde rügte im Zusammenhang mit den Gesundheitsdaten, dass sie durch Vorgesetzte zur Vorbereitung auf und in Führungsbesprechungen genutzt worden seien. Dies sei unzulässig gewesen. Bei Gesundheitsdaten handele es sich um Personaldaten, von denen zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen nur ein eng begrenzter Personenkreis Kenntnis erhalten dürfe - aber nicht alle Teilnehmer von Führungsbesprechungen, erklärte die Aufsichtbehörde.
Vorfall wurde im April bekannt
Im April dieses Jahres war bekanntgeworden, dass im Bereich Betriebssicherheit des Werks Bremen in der Vergangenheit Krankenlisten über Mitarbeiter geführt worden waren. Führungskräfte dieses Bereichs hatten zwischen 2001 und April 2008 eine Liste mit den Fehlzeiten ihrer Mitarbeiter und den Gründen für deren krankheitsbedingte Abwesenheit in elektronischer Form geführt. Die Führungskräfte konnten dabei auch auf Daten von Mitarbeitern zugreifen, die ihnen nicht unterstellt waren. Die Gesundheitsdaten waren von den Führungskräften in der Regel im Rahmen von Krankenrückkehrgesprächen erhoben oder von den Mitarbeitern selbst offenbart und sodann in besagter Liste gespeichert worden.
Eine Daimler-Sprecherin sagte: «Wir bedauern, dass es in unserem Werk in Bremen zu Verstößen gegen den Datenschutz gekommen ist.» Man habe diese Altfälle bereits aufgearbeitet, bevor die Aufsichtsbehörde sich eingeschaltet habe. Viele der im Prüfbericht geforderten Anpassungen seien bereits unabhängig vom jetzt vorliegenden Bericht umgesetzt worden.
Die Verstöße gegen den Datenschutz seien erheblich gewesen, teilte die Aufsichtbehörde weiter mit. Ein Bußgeld wurde nicht verhängt, weil die Daten zum Teil schon gelöscht waren, bevor die Behörde aktiv werden konnte.
Bewerber mussten laut NDR Blutproben abgeben
Unterdessen berichtete der Norddeutsche Rundfunk, dass der Konzern bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern fragwürdige Methoden anwende. Bewerber für neue Stellen müssten schon während des Bewerbungsverfahrens Blutproben abgeben. Dem Radiosender liegen eigenen Angaben zufolge Unterlagen vor, nach denen Bewerbern Blut abgenommen wurde, obwohl eine Arbeitsstelle noch nicht zugesagt worden sei. Die baden-württembergische Aufsichtsbehörde kündigte eine Überprüfung des Vorwurfs an.
Eine Daimler-Sprecherin sagte, im Rahmen von Bewerbungsverfahren würden weder Bluttests noch Gesundheitstests gemacht. «Diese erfolgen im Rahmen von Einstelluntersuchungen, die sowohl vor einer mündlichen oder schriftlichen Zusage oder auch danach stattfinden können.» Bei der Einstelluntersuchung werde ärztlich untersucht, ob der Bewerber für die Stelle, für die er sich beworben habe, geeignet sei. (ap)