Düsseldorf. Thyssen-Krupp muss die intern höchst umstrittene Entscheidung korrigieren, die Kokerei für das brasilianische Stahlwerk von dem chinesischen Mischkonzern Citic bauen zu lassen. Nun werde das eigene Tochterunternehmen die Anlage fertigbauen, kündigte Thyssen-Krupp-Chef Schulz an.

Der chinesische Mischkonzern Citic wird die Kokerei für das brasilianische Stahlwerk von Thyssen-Krupp nicht fertig bauen. Die Anlage werde nun von der Thyssen-Krupp-Tochter Uhde fertiggestellt, „Citic hat die weiße Flagge gehisst und bezahlt die Mehrkosten”, sagte Thyssen-Krupp-Chef Ekkehard Schulz auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Dieser Termin war auf Grund von Öffentlichkeitspflichten notwendig geworden, nachdem am Abend zuvor Geschäftszahlen durchgesickert waren.

Die Mehrkosten für die Kokerei bezifferte Schulz auf 100 Millionen Euro. Auf die Frage, ob es ein Fehler gewesen sei, den Auftrag an die Chinesen zu vergeben, sagte er: „Mit dem Wissensstand von heute hätten wir vermutlich entschieden, Uhde gleich bauen zu lassen.” Schulz rechtfertigte die Entscheidung, die bei Arbeitnehmervertretern auf großes Missfallen gestoßen war, mit einem Kostenvorteil der Chinesen in Höhe von 60 bis 70 Millionen Euro sowie der Auslastung von Uhde. Der Anlagenbauer hatte „damals ausreichend Beschäftigung”.

Was die Zahlen des Ende September abgelaufenen Geschäftsjahres 2008/2009 angeht, widersprach Schulz heftig der Ansicht, das Minus sei höher ausgefallen als prognostiziert. Das operative Ergebnis vor Abzug der Steuern und Sondereffekten, das für den Konzern ausschlaggebend sei, habe mit minus 734 Millionen Euro die vorhergesagte hohe dreistellige Millionengröße erreicht. In diesem Ergebnis seien Wertminderung und Abschreibungen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro verkraftet.

2,36 Milliarden Euro Verlust

Das Konzernergebnis vor Abzug der Steuern ist im abgelaufenen Geschäftsjahr allerdings dramatisch eingebrochen: von plus 3,1 Milliarden auf 2,36 Milliarden Euro Verlust. In dieser Zahl seien Vorsorgeaufwendungen und zukünftige Restrukturierungskosten über alle Konzernsparten verarbeitet worden, wie etwa der Kostenaufwand für den Umbau der Sparte Technologies in Höhe von 800 Millionen Euro. Es sei damit zu rechnen, dass es drei bis fünf Jahre dauere, bis die Wirtschaftslage das Niveau von vor der Krise erreicht hat. In diesem Ergebnis sei „Vorsorge getroffen für die Zukunft”.

Im Ausblick auf das neu begonnene Geschäftsjahr sagte Schulz, er rechne mit stabilen Umsätzen in Höhe der 40,6 (Vorjahr: 53,4) Milliarden Euro aus 2008/09 – „dafür müssen wir uns aber anstrengen”. Schulz kündigte die Rückkehr in die Gewinnzone an, je nach Art der Gewinnkennziffer mit einem niedrigen und einem hohen dreistelligen Millionenbetrag. Gute Nachrichten für die Kurzarbeiter: Weltweit waren zum Tiefstand 47 000 Mitarbeiter betroffen, davon 30 000 in Deutschland und 26 000 in NRW. 2009/10 sollen es insgesamt nur noch 16 000 sein, davon 14 000 in Deutschland und 10 000 in NRW.

Der Vorstand will trotz des Verlustes im Sinne der „Dividendenkontinuität” 0,30 Euro (Vorjahr: 1,30) Dividende je Aktie ausschütten. Die insgesamt 139 (Vorjahr: 600) Millionen Euro Ausschüttung stammen aus den Rücklagen.