Wolfsburg. Am Tag nach der Entschuldigung von VW-Chef Winterkorn schlägt in Wolfsburg die Stunde des Präsidiums. Derweil gibt es die ersten Strafanzeigen.

  • Mehrere Strafanzeigen seien bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig eingegangen, bestätigt deren Sprecher
  • Mehrere US-Bundesstaaten planen Ermittlungen gegen den deutschen Autobauer einzuleiten
  • Seit Bekanntwerden des US-Abgasskandals geht es mit den Aktien von Volkswagen steil bergab

Der VW-Konzern gerät wegen der Abgas-Affäre nun auch in Deutschland ins Visier der Justiz. Mehrere Bürger hätten aufgrund der manipulierten Messungen bei Dieselfahrzeugen Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig erstattet, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Justizministeriums am Mittwoch in Hannover. Derzeit laufe die strafrechtliche Bewertung noch. Zum genauen Umfang und zu den in den Anzeigen formulierten Vorwürfen äußerte er sich nicht.

Elf Millionen Autos sind betroffen

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Von Michael Braun, Brigitte Scholtes

Seit dem Wochenende ist bekannt, dass VW in den USA mit einer speziellen Software die Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen manipuliert hat. Nach Konzernangaben sind weltweit rund elf Millionen Wagen betroffen. In Wolfsburg setzte am Mittwoch das Präsidium des Aufsichtsrats seine Beratungen über Konsequenzen der Affäre fort. Dabei geht es auch um die berufliche Zukunft von VW-Chef Martin Winterkorn.

In den Vereinigten Staaten könnten sowohl wegen möglicher Straftaten wie Betrug als auch wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Umweltgesetze empfindliche Strafen und Bußgelder gegen VW verhängt werden. Mehrere US-Bundesstaaten sind dabei, ein Bündnis zu formen, um Ermittlungen gegen den deutschen Autobauer einzuleiten, hieß es am Dienstag aus dem Büro des New Yorker Staatsanwalts Eric Schneiderman.

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Der Führungszirkel des Volkswagen-Aufsichtsrates hat am Mittwochmorgen seine Beratungen über die Manipulation von Abgaswerten in Millionen von Autos aus dem VW-Konzern begonnen. Das Präsidium des Aufsichtsrates tage in Wolfsburg an einem unbekannten Ort, erklärten zwei Personen mit Kenntnis des Vorgangs. VW-Chef Martin Winterkorn soll dem Gremium Rede und Antwort stehen, wie es zu dem Verstoß gegen die Abgas-Grenzwerte in den USA kommen konnte. Noch ist offen, ob Winterkorn persönlich für das Fehlverhalten verantwortlich ist, das Milliarden an Kosten nach sich ziehen wird. Dem Konzern droht eine Geldstrafe bis zu 18 Milliarden Dollar für die rund 500.000 betroffenen Modelle, die in den USA verkauft wurden.

BDI-Chef Grillo übt scharfe Kritik an VW-Manipulationen

Der Präsident des Industrieverbandes BDI Ulrich Grillo verlangt vom Autohersteller Volkswagen eine schnelle Aufklärung des Abgasskandals. "Wir kritisieren jegliche Manipulation scharf", sagte Grillo am Mittwoch. "Jedes Unternehmen muss sich an die geltenden Regeln halten." Der BDI-Präsident begrüßte aber, dass Volkswagen von unabhängigen Fachleute die Vorwürfe gegen das Unternehmen prüfen lassen will. "Jedes Fehlverhalten muss lückenlos aufgeklärt werden. Jetzt helfen nur Transparenz, Offenheit und Tempo", sagte er.

Grillo verwies auf die "gute Arbeit", die täglich millionenfach in der deutschen Industrie geleistet werde. "Made in Germany" stehe für exzellente Produkte. In der Politik und Wirtschaft waren Sorgen laut geworden, dass der Abgasskandal von VW in den USA der deutschen Autoindustrie und womöglich darüber hinaus der gesamten Exportwirtschaft schaden könnte.

Analysten senken wegen Abgas-Affäre den Daumen über Volkswagen

Kurssturz von bis zu 40 Prozent und 30 Milliarden Euro Börsenwert in Luft aufgelöst: Seit Bekanntwerden des US-Abgasskandals geht es mit den Aktien von Volkswagen steil bergab. Dennoch ist die Talsohle Experten zufolge noch nicht erreicht, da sich das ganze Ausmaß der Affäre um manipulierte Abgaswerte noch nicht überblicken lasse.

"Die Strafzahlungen werden schmerzhaft sein", schreibt Analyst Tim Rokossa von der Deutschen Bank in einem Kommentar. Obwohl der Wolfsburger Autobauer Manipulationen eingeräumt habe, sei die bislang im Raum stehende Maximal-Summe von 18 Milliarden Dollar womöglich nicht das Ende der Fahnenstange. "Die Geschichte der Fahrzeug-Rückrufe lehrt uns, dass die erste 'Beichte' selten die letzte ist", betont Rokossa. (Reutrers,dpa)

#Dieselgate - das Netz reagiert mit Spott und Häme auf VW-Krise 
  • "Vom Winde VWeht" (Nutzer @Mr_Starkey via Twitter)
  • "Mögliche Strafe für VW wegen Manipulation? Aber womit kann man Menschen, die in Wolfsburg Leben, noch Strafen?" (@ORasche via Twitter)
  • "Don't stink and drive" (@extra3 via Twitter)
  • "Mehr Abgase als gedacht: VW-Dieselautos in den USA plötzlich beliebt wie nie" (@Der_Postillon via Twitter)
  • "Der #ADAC kann die ganze Aufregung um den Abgas-Betrug-Skandal bei #Volkswagen gar nicht verstehen...." (@timmdoppel_m via Twitter)
  • "Wenn jetzt noch rauskommt, dass VW die Zuschauerzahlen bei den Heimspielen vom VfL manipuliert hat, glaub ich gar nix mehr." (@FensterRentner via Twitter)
  • "Die Gelegenheit scheint günstig sich #Volkswagen zuzulegen. Also, den ganzen Konzern." (@bengtrock via Twitter)