Essen. . Thyssen-Krupp sieht sich mit Korruptionsvorwürfen aus der Vergangenheit konfrontiert. Aktuell hofft der Konzern auf einen Großauftrag aus Australien.

Eigentlich blickt Thyssen-Krupp in der Sparte Marine Systems gerade nach vorne. In Australien kann sich das Unternehmen Hoffnungen machen, einen Großauftrag für ein milliardenschweres Geschäft zu ergattern. Die australische Regierung plant den Bau einer Flotte von Kriegsschiffen und will dafür über die nächsten 20 Jahre rund 89 Milliarden australische Dollar ausgeben – umgerechnet fast 60 Milliarden Euro. Es geht voraussichtlich unter anderem um zwölf neue U-Boote. Der offizielle Bieterwettbewerb läuft bereits. Neben Konzernen aus Japan und Frankreich ist auch Thyssen-Krupp im Rennen. Das Ruhr-Unternehmen hofft auch auf den Zuschlag für den Bau von Fregatten und Korvetten.

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Ausgerechnet jetzt kommen Geschichten aus der Vergangenheit zu Tage. Dem „Handelsblatt“ liegen nach eigenen Angaben einige Tausend Seiten interner Dokumente vor, die auf zweifelhafte Geschäftspraktiken beim Verkauf von U-Booten aus dem Hause Thyssen-Krupp hindeuten. Vor einigen Jahren habe ein Londoner Konzernableger namens Marine Force International (MFI) Geld zu dubiosen Beratern in Abnehmerländern gelotst, um Aufträge zu sichern. Als Beispiele werden Griechenland, Südkorea und die Türkei genannt.

Strafzahlung bereits geleistet

An der Firma MFI war auch das Essener Unternehmen Ferrostaal beteiligt. Vor fünf Jahren wurde Ferrostaal von einem Schmiergeld-Skandal erschüttert. Die aktuelle Berichterstattung drehe sich um Fälle aus der Vergangenheit, wird bei Thyssen-Krupp und Ferrostaal betont. „Schon 2010 hat Ferrostaal sämtliche U-Boot-Geschäfte umfassend von den amerikanischen Anwälten Debevoise & Plimpton untersuchen lassen“, teilte ­Ferrostaal auf Anfrage mit. Auf Basis dieser Untersuchungen habe das Unternehmen für U-Boot-Geschäfte in Griechenland und Portugal eine Strafzahlung geleistet. Schon seit mehreren Jahren sei Ferrostaal nicht mehr in dem Geschäftsfeld tätig.

Thyssen-Krupp erklärte, im Zuge des „Korruptionsverfahrens Ferrostaal“ sei in den Jahren 2010 und 2011 auch die Tätigkeit der Londoner Vertriebsgesellschaft MFI durch die Kanzlei Debevoise & Plimpton überprüft worden. Als Miteigentümer von MFI habe Thyssen-Krupp diese Prüfung begleitet. „Beweise oder begründete Verdachtsfälle von Korruption wurden nicht festgestellt. Der Bericht wurde damals auch der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt“, so Thyssen-Krupp. Der Prüfungsbericht der Kanzlei habe aber Anlass gegeben, die Organisation des Marinevertriebs neu zu bewerten. 2011 sei die Firma MFI aufgelöst worden.

Thyssen-Krupp macht sich Hoffnungen in Australien

Seit Februar vergangenen Jahres kümmert sich bei Thyssen-Krupp mit Donatus Kaufmann ein Vorstandsmitglied um das Thema Compliance, also die Einhaltung der gesetzlichen und konzerninternen Regeln. Der Bereich Marine Systems habe in den vergangenen Jahren „signifikante Fortschritte in Sachen Compliance gemacht, um den spezifischen Risiken dieses Geschäftsfeldes Rechnung zu tragen“, urteilt Thyssen-Krupp.

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Geschäfte im Rüstungsbereich sind seit jeher sensibel. Das gilt auch für den Bieterwettstreit, dem sich Thyssen-Krupp in Australien stellt. Der dortige Regierungschef Tony Abbott schaut sich zwar nach Technologiekompetenz in Deutschland, Japan und Frankreich um, die neuen U-Boote will er aber möglichst im Inland bauen lassen – in den Werften von Adelaide an der Südküste.

Im Umfeld von Thyssen-Krupp wird betont, man sei erfahren, wenn es darum gehe, Wertschöpfung vor Ort sicherzustellen. Doch es gilt als offen, wem die australische Regierung den Zuschlag gibt. Mit einer Entscheidung wird Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres gerechnet.