Essen. . Thyssen-Krupp will Batterien leistungsfähiger machen und Hüttengase nutzen. Über 700 Millionen Euro fließen in Forschung und Entwicklung.

Der Essener Industriekonzern Thyssen-Krupp will von der Energiewende profitieren und ar­beitet derzeit an der Weiterentwicklung einer Batterie, die sehr viel Strom speichern kann.

Das Projekt ist aber nur eines von vielen, wie sich das Unternehmen unter anderem den Megatrends Energie und Mobilität stellen will. Um mehr als 30 Prozent hat Thyssen-Krupp seine Ausgaben für Forschung und Entwicklung seit Beginn des Jahrzehnts gesteigert. Im laufenden Geschäftsjahr sind es 708 Millionen Euro.

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Thyssen-Krupp will weg von seinem Image als reiner Stahlkonzern. Vor Journalisten hat Technologiechef Reinhold Achatz Einblick gegeben in die lange Liste von Entwicklungsvorhaben, die die Öffentlichkeit nicht ohne weiteres mit dem Essener Konzern in Verbindung bringt. Da sind der Mehrkabinen-Aufzug, der sich ohne Seil bewegt, Autofelgen aus Karbon, die sehr viel leichter sind als reine Stahl- oder Aluminiumräder oder das Biotechnologie-Verfahren, das Erdöl bei der Kunststoffproduktion überflüssig machen soll.

Dreh- und Angelpunkt sind Speichertechnologien

Aber auch im wachsenden Markt ressourcenschonender und erneuerbarer Energien ist Thyssen-Krupp unterwegs. „Wir wollen dazu beitragen, dass wir unser Frühstücksei dann kochen können, wenn wir wollen, und nicht, wenn die Sonne scheint und der Wind weht“, sagt Achatz exemplarisch. Der Konzern selbst hat ein vitales Interesse an einer zuverlässigen Versorgung: Allein sein Stahlstandort Duisburg benötigt pro Tag so viel Energie wie die gesamte Stadt Berlin mit ihren mehr als 3,3 Millionen Einwohnern.

Dreh- und Angelpunkt der Energiewende sind Speichertechnologien, an denen aktuell auch Autohersteller wie Daimler und Tesla forschen, aber auch der Essener Energieversorger RWE. Ingenieure von Thyssen-Krupp arbeiten derzeit daran, die bereits existierenden Redox-Flow-Batterien weiterzuentwickeln. Sie speichern unter Einsatz von Salzen Strom als chemische Energie. Zum Laden und Entladen wird die Flüssigkeit durch elektrochemische Zellen geleitet. Die Zellflächen sind derzeit aber nur so klein, dass sie 80 Watt Leistung erbringen. Die Thyssen-Krupp-Forscher tüfteln nun daran, die Zellfläche auf 2,7 Quadratmeter zu vergrößern, um die Leistung der Redox-Flow-Batterien auf 20 Megawatt zu bringen. „Die Kosten für die Energiespeicherung würden entsprechend sinken“, meint Technologiechef Achatz.

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Politische Planungssicherheit nötig

Eine Botschaft, auf die Netzbetreiber, aber auch deren Kunden warten, um größere Strommengen kurzfristig – für mehrere Stunden oder einen Tag – zu speichern. In der Technik sieht Achatz auch einen preislichen Anreiz: „Stromkosten werden sich künftig noch mehr an der Verfügbarkeit von Energie orientieren“, sagt er.

„Carbon2Chem“ heißt ein anderes Projekt, an dem Thyssen-Krupp gemeinsam mit Partnern aus Chemie- und Energiewirtschaft sowie Hochschulen arbeitet. Es geht darum, Emissionen aus Stahlwerken in wertvolle Grundstoffe wie Ammoniak oder Methanol umzuwandeln. Die Hüttengase in Duisburg werden derzeit in konzerneigenen Kraftwerken zur Strom- und Wärmeproduktion genutzt. Technologiechef Achatz: „Mit ,Carbon2Chem’ wäre auch die Umwandlung eines großen Teils der Kohlendioxid-Emissionen eines Stahlwerks möglich.“

Denn zum Nachhaltigkeitsbegriff, den Thyssen-Krupp für sich formuliert hat, gehören neben der Wirtschaftlichkeit sowie der sozialen Verantwortung auch umweltschonende Aspekte. Um diesen Dreiklang konzernintern verwirklichen zu können, auch darauf weist Achatz hin, brauchten sein Unternehmen und die ganze Wirtschaft Planungssicherheit durch die nationale Energiepolitik. Der Technologiechef: „Ein Hochofen läuft nach der Neuzustellung 20 Jahre. Politische Mehrheiten können sich aber alle vier Jahre ändern.“