Düsseldorf. Der Präsident der deutschen Stahlindustrie, Wolfgang Kerkhoff, schlägt im Interview Alarm: Die Branche leidet unter Billigimporten - aber nicht nur.

Die deutsche Stahlindustrie schlägt Alarm: Der Branche mit ihrem wichtigen Standort Duisburg machen chinesische Billig-Importe zu schaffen. Derzeit gelange „in großen Mengen Stahl aus China zu Dumpingpreisen nach Europa und Deutschland“, sagte Stahl-Präsident Hans Jürgen Kerkhoff im WAZ-Interview. „Das besorgt uns sehr.“

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Stahl zu Dumpingpreisen habe „nichts mit fairem Wettbewerb zu tun“, kritisierte Kerkhoff. In China gebe es Überkapazitäten im Umfang von 300 Millionen Tonnen. Das sei das Doppelte dessen, was in Europa verwendet werde. China habe im vergangenen Jahr 2014 mehr als 90 Millionen Tonnen exportiert. „Das belastet auch den deutschen Markt“, sagte Kerkhoff. Da viel Stahl auf dem Markt ist, sind die Preise niedrig. Die EU-Kommission hat bereits mit vorläufigen Zöllen auf einzelne Stahlsorten aus China reagiert.

In Duisburg befindet sich Europas größter Stahlstandort. Thyssen-Krupp, Arcelor-Mittal und die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) haben nach Angaben der Wirtschaftsvereinigung Stahl in den vergangenen Jahren in Duisburg zusammen rund eine Milliarde Euro investiert. Bundesweit zählt die Stahlindustrie rund 87 000 Arbeitsplätze, 47 600 davon in NRW. Laut einer Studie des Essener Instituts RWI hängen sogar 3,5 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland direkt oder indirekt vom Stahl ab. „Unsere Stahl-Werkstoffkompetenz entscheidet also auch über die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“, so Kerkhoff.

Stahlproduktion ohne CO2 - das gibt es nicht

Sorgen bereiten der Stahlindustrie auch Pläne für strengere Regeln beim Handel mit industriellen Rechten zum Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2). EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete will längerfristige Reformvorschläge für den Emissionshandel vorlegen. „Vor einer weiteren Verschärfung des Emissionshandels kann ich nur warnen. Sonst könnten einige Hersteller in eine dramatische Lage geraten“, sagte Kerkhoff. Stahlproduktion ohne CO2 sei nicht möglich. Selbst die besten Stahlhersteller, die am technischen Optimum arbeiten, müssten derzeit schon Zertifikate kaufen. „Das bleibt nicht ohne Folgen für die global konkurrierenden Un­ternehmen in Deutschland“, betonte Kerkhoff.