Essen. . Atomausstieg und Kraftwerkskrise belasten den Essener Energiekonzern. Doch Finanzchef Günther reagiert gereizt auf Zweifel an der finanziellen Stabilität des Unternehmens.
Der Atomausstieg ist beschlossene Sache und der Abriss der Anlagen wird Milliardenkosten verursachen. Zugleich steckt die Stromerzeugung in großen Kohlekraftwerken in der Krise. Was ist also der Essener Energieversorger RWE noch wert, der viele Jahre lang auf Kohle und Kernkraft gesetzt hat? „Wie bedenkenswert die Lage geworden ist, mag man daran erkennen, dass der Börsenwert der RWE AG nicht viel über dem Wert der RWE-Kernenergie-Rückstellungen liegt“, mahnt der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, der einst für die rot-grüne Bundesregierung den Atomausstieg mit den Konzernen verhandelt hat. In der Bilanz von RWE befinden sich Atom-Rückstellungen in Höhe von knapp 10,4 Milliarden Euro, der Börsenwert liegt bei rund 13 Milliarden Euro.
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RWE-Vorstandsmitglied Bernhard Günther reagiert gereizt auf „Kommentare“, die im Zusammenhang mit dem Atomausstieg die finanzielle Stabilität von RWE „in Frage stellen“. Es sei „falsch“, aus einer Gegenüberstellung von Börsenkapitalisierung und Kernenergie-Rückstellungen zu folgern, dass der Marktwert von RWE kaum ausreiche, um die Rückstellungen zu bedienen. „Denn die 13 Milliarden Euro sind der Marktwert des RWE-Eigenkapitals, der nach Bedienung aller Verbindlichkeiten, und dazu gehören auch die Rückstellungen, verbleibt“, sagte Günther der „Börsen-Zeitung“.
RWE verweist zudem auf Schätzungen von Analysten, die das Unternehmen im Schnitt mit 47,2 Milliarden Euro bewerten. Hinzu kommen allerdings Schulden und Rückstellungen für Atomausstieg, Bergbau-Folgekosten und Pensionen in Höhe von insgesamt rund 27,7 Milliarden Euro.
Politik hat großen Einfluss auf den Wert
Um den Wert von RWE zu ermitteln, eignet sich nach Einschätzung von Andreas Wömpener, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Controlling an der Universität Duisburg-Essen, am besten folgende Frage: „Was sind die Menschen bereit, an der Börse für das Unternehmen zu zahlen?“ Der Markt verwerte schließlich alle Informationen. „Auch die zukünftigen Rückbauverpflichtungen für die Kernkraftwerke sind an der Börse eingepreist“, gibt Wömpener zu bedenken. Insofern gelte: „Der objektivste Wert ist die Marktkapitalisierung.“ Der Börsenwert liegt – wie erwähnt – derzeit bei rund 13 Milliarden Euro.
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Dabei handelt es sich allerdings um eine Kennziffer, die alles andere als stabil sein muss. „Der Wert von RWE kann sich sehr schnell verändern, wenn die Politik entsprechende Entscheidungen trifft“, gibt Heino Hammann, Analyst der NordLB, zu bedenken. In Sachen RWE könnten eine Abgabe für Kohlekraftwerke oder eine Entscheidung der Politik für Reservekraftwerke eine Rolle spielen.
„Die Rückstellungen befinden sich nicht einfach in einem Tresor mit Geld“, betont Andreas Wömpener. Als Sicherheiten diene alles, was auf der Aktivseite in der RWE-Bilanz stehe. Dazu zählen auch die Kohle- und Gas-Kraftwerke des Unternehmens, deren Wert schwanken kann. „Das Unternehmen muss auch weiterhin Geld erwirtschaften, sonst geht das Unternehmen pleite und kann seinen Rückbauverpflichtungen nicht mehr nachkommen.“