Essen. . Angesichts milliardenschwerer Kosten für den Atom-Ausstieg und der Krise der Energiekonzerne wird der Ruf nach einer politischen Lösung lauter.

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, heute Aufsichtsratschef des Essener Konzerns Evonik, warnt vor einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Kraftwerksbetreiber und bringt eine Teil-Verstaatlichung der Unternehmen ins Gespräch.

Bei einem Symposium der Universität Duisburg-Essen will sich Müller am Freitag ausführlich zum Atom-Ausstieg äußern. Laut Redemanuskript, das unserer Redaktion vorliegt, spricht Müller von einem „Existenzproblem“ der Atomkraftwerksbetreiber, zu denen auch die NRW-Konzerne Eon und RWE zählen: „Die unternehmerische Entwicklung des Nicht-Kernenergie-Geschäftes wird zunehmend erschwert durch die Haftung für das Kernenergie-Geschäft.“

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Müller hatte einst für die rot-grüne Bundesregierung den Atomausstieg mit den Energiekonzernen ausgehandelt. Heute führt er die Essener RAG-Stiftung, die für die Kosten des Kohle-Ausstiegs aufkommen soll. Die wichtigste Einnahmequelle der Stiftung sind derzeit die Gewinnausschüttungen des Essener Chemiekonzerns Evonik.

Zur Finanzierung des Atom-Ausstiegs ist ein Stiftungsmodell im Gespräch

Auch zur Finanzierung des Atom-Ausstiegs ist ein Stiftungsmodell im Gespräch. „Die RAG-Stiftung ist ein intelligentes Modell, das sicher beispielgebend ist“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) unserer Redaktion. „Der Ball liegt in Berlin.“ Der Ökonom Klaus F. Zimmermann, Chef des Bonner Instituts IZA, urteilt, eine Stiftung sei sinnvoll, da so „die Finanzierungsaufgabe langfristig gelöst werden kann“ Dem Vernehmen nach befassen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mit dem Thema.

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Werner Müller mahnt: „Wie bedenkenswert die Lage geworden ist, mag man daran erkennen, dass der Börsenwert der RWE AG nicht viel über dem Wert der RWE-Kernenergie-Rückstellungen liegt.“ Der Essener Konzern hat Rückstellungen in Höhe von knapp 10,4 Milliarden Euro gebildet, der Börsenwert liegt bei rund 13 Milliarden Euro. Entsprechend hohen Handlungsbedarf sieht Müller: „Ist die öffentliche Hand vorausschauend zu einer Mithaftung bereit, solange die Atomkraftwerksbetreiber noch nicht insolvent sind?“ Nach einer denkbaren Insolvenz komme sie jedenfalls „zwangsweise in Haftung“.