Bochum. . Mountainbikes, E-Bikes und coole Räder für Städter sind die Verkaufsschlager in der „Ruhrgarage“, einem Bochumer Fahrradladen mit langer Tradition.
Wenn Eddy Wittke diesen Satz sagt, schwingt da auch ein wenig Stolz mit. „Meine Eltern haben mir hier vor 51 Jahren mein erstes Fahrrad gekauft.“ Damals hieß die „Ruhrgarage“ noch nicht „Ruhrgarage“, aber solange der 61-jährige Wittke denken kann, beherbergen die Räumlichkeiten an der Herner Straße in Bochum ein Fahrradgeschäft – ein Ladenlokal mit viel Tradition also. Für Fahrrad-Experte Wittke ist der Drahtesel Passion geworden. Er kennt die Trends der Saison. Aber auch das, was sich nicht besonders gut verkauft.
Mit dem Fahrradmarkt verhält es sich zurzeit ein wenig wie mit dem Automarkt. Die Hersteller machen den Kunden immer individuellere Angebote. Diversifizierung nennt das der Fachmann. Unterschieden die Hersteller vor 25 Jahren eigentlich nur zwischen Tourenrädern, Mountainbikes und Rennrädern, so sind heute mit dem Trekkingrad, dem E-Bike, dem Crossrad, dem Cruiser und dem Fatbike zahlreiche Mischlinge für Bares zu haben.
„Damit rollt es sich eben leichter“
Für den Händler vor Ort wird es deshalb immer schwieriger, dem Kunden alles zu bieten. Die Bochumer Ruhrgarage hat sich deshalb auf Mountainbikes, elektrisch angetriebene Fahrräder und sogenannte Urban Bikes konzentriert. Letztere sind minimalistisch anmutende Zweiräder, die das Lebensgefühl moderner Städter widerspiegeln sollen. So will es zumindest die Werbeindustrie. Mobil sein auf einem schicken Rad, ohne dabei auf technische Finessen verzichten zu müssen mit Reifen, so dünn, dass sie einem Rennrad alle Ehre machen würden. „Damit rollt es sich eben leichter“, sagt Wittke über die Kreationen, auf denen der Ruhrgarage-Schriftzug prangt.
Daneben steht der Widersacher: das gemeine Fatbike. Reifen, so dick, dass sie noch nicht einmal eine große Männerhand umschließen kann. Und eine Menge Gewicht: Die fetten Teile bringen locker 15 bis 20 Kilo auf die Waage. Und die breiten Stollenreifen sorgen für ordentlich Vortrieb in Matsch, auf Sand und im Gelände. „Nur einen Berg, den erklimmen Sie damit nicht so einfach“, sagt Verkäufer Wittke. „Da merken Sie jedes Kilo Gewicht.“ Verkaufsschlager seien die Dinger bislang nicht. Auch wenn es die Industrie gern anders hätte und jeder Hersteller mittlerweile ein solches Rad im Programm habe.
Das Mountainbike dagegen, das läuft und läuft und läuft. Das Bergrad, eine Erfindung der 70er, begann seinen Siegeszug in den 80er- und 90er-Jahren in Europa. Heute sind die kletterfreudigen Alleskönner aus keinem Fahrradladen mehr wegzudenken. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen dem Fully und dem Hardtail, also einem Modell mit Federung an Vorder- und Hinterachse und solchen, die einen „harten Hintern“ haben, also nur über ein gefedertes Vorderrad verfügen. Einfache Modelle vom Fachhändler starten bei rund 500 Euro. Für Topmodelle mit Vollfederung sind aber auch 5000 Euro und mehr drin. Für alle Modelle – nicht nur Mountainbikes – gilt: Je leichter das Bike, desto hochwertiger die Ausstattung und desto teurer.
Unterwegs auf den Höhen der Ruhr
Aber Bergräder im Ruhrgebiet: Passt das überhaupt zusammen? „Ja“, sagt Eddy Wittke ohne Zögern. Im Ruhrtal gebe es mittlerweile viele Mountainbike-Reviere und eine lebendige Szene, die sich nicht nur auf den Halden der Region vergnüge, sondern auch auf den Höhen der Kemnade, dem Baldeney- und dem Harkortsee.
Und wer aus eigener Kraft den Berg nicht mehr schafft, dem hilft der Elektroantrieb. Zu den Verkaufsschlagern der Ruhrgarage gehören E-Bikes. Also Räder mit Elektromotor am Kurbelgehäuse, der Fahrer beim Treten unterstützt und so Geschwindigkeiten von 25 Kilometern pro Stunde und mehr möglich macht, ohne dabei den Rücken auf einem Rennrad krumm machen zu müssen. Gerade ältere Menschen wissen das zu schätzen. Sie gehören laut Wittke zu den häufigsten E-Bike-Käufern: „Viele entdecken so das Fahrradfahren wieder neu.“ 2014 wurden deutschlandweit 480 000 E-Bikes verkauft, das sind 17 Prozent mehr als im Jahr davor und zehn Prozent des gesamten Fahrradmarktes.
Dennoch: Das Rad bleibt ein Saisonartikel. Im Frühjahr ziehen die Verkäufe an. „Wenn das Wetter mitspielt“, sagt Eddy Wittke. Ansonsten müssen auch die neuesten Modelle erst einmal den Laden hüten.