Berlin/Frankfurt. Gespräche zwischen Bahn und Lokführern haben den neuen Bahnstreik nicht abwenden können. Für Mittwoch und Donnerstag gilt jetzt ein Ersatzfahrplan.
- Streik im Güterverkehr hat am Dienstagnachmittag begonnen
- GDL will Personenverkehr ab Mittwoch bestreiken - Ende offen
- Gespräche zwischen Bahn und GDL ohne Ergebnis
- Ersatzfahrplan für Mittwoch und Donnerstag ist bereits in die Bahn-Auskunft eingespeist
Trotz Vermittlungsversuchen bis zur letzten Minute haben die Lokführer bei der Deutschen Bahn ihre neunte Streikrunde begonnen. Betroffen war am Dienstag zunächst nur der Güterverkehr, wie die GDL aktuell bestätigte. Die Personenzüge sollten laut Ankündigung der Gewerkschaft ab Mittwochfrüh um 02.00 Uhr ebenfalls bestreikt werden. Das Ende des Arbeitskampfes hat die Gewerkschaft bewusst offen gelassen und will es erst 48 Stunden vorher bekanntgeben.
Die am Dienstag in Frankfurt begonnenen Gespräche zu arbeitsrechtlichen Aspekten möglicher Parallel-Tarifabschlüsse mit der größeren Gewerkschaft EVG haben bislang keine greifbaren Ergebnisse gebracht. Die Bahn hatte den renommierten Arbeitsrechtler Klaus Bepler dazu gebeten. Zum Ausgang war zunächst nichts an die Öffentlichkeit gedrungen.
Ersatzfahrplan im Fernverkehr für Mittwoch und Donnerstag
Die GDL hat am Dienstagnachmittag um 15 Uhr mit dem Ausstand im Güterverkehr begonnen. In der Nacht zum Mittwoch sollen dann auch die Personenzüge stehen bleiben. Das Streikende ist bislang offen und soll nach GDL-Angaben erst 48 Stunden vorher bekanntgegeben werden. Die Bahn hat wieder einen Ersatzfahrplan aufgestellt, zunächst für Mittwoch und Donnerstag. Die Fernverkehrsverbindungen sind im Netz unter www.bahn.de/liveauskunft abrufbar. Nur etwa ein Drittel der Fernzüge sollen fahren. An den Plänen für Regionalzüge und S-Bahnen wurde am Dienstnachmittag noch gearbeitet.
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Zuvor hatte GDL-Chef Claus Weselsky zu erkennen gegeben, dass die Gewerkschaft bei einer Schlichtung zu ihren Bedingungen den angekündigten Arbeitskampf innerhalb von 12 bis 24 Stunden beenden könnte. Die inhaltlichen Fragen des Tarifkonflikts seien nicht unlösbar, sagte Weselsky.
Weselsky wirft Bahn Hinhaltetaktik vor
Man sei aber nicht bereit, in einer Schlichtung über die Frage der Tarifeinheit zu verhandeln: "Es ist schlussendlich unser Grundrecht, für unsere Mitglieder einen Tarifvertrag abzuschließen - und zwar egal, ob der abweicht von einem anderen Tarifvertrag oder nicht."
Gleichzeitig griff der Gewerkschafter die Bahn erneut scharf an. "Wir sehen ein Management, das versucht, das auszusitzen, das uns hinhält", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Die Bahn sei nicht einmal in der Lage gewesen, ein Schlichtungsabkommen mit der GDL zu verhandeln.
Neuer GDL-Streik soll länger dauern als der letzte
Die GDL hatte angekündigt, die Lokführer würden ihre Arbeit noch länger niederlegen als beim vorigen Mal. Erst am 10. Mai war ein fast sechstägiger Ausstand im Personenverkehr zu Ende gegangen. Es war der bisher längste Streik in der 21-jährigen Geschichte der Deutschen Bahn AG. Für die neunte Streikrunde wurde das Streikgeld laut GDL für die teilnehmenden Lokführer von 75 auf 100 Euro erhöht. Bis Dezember hatte es noch bei 50 Euro gelegen. Trotz der Erhöhung büßten die streikenden Lokführer Einkommen ein, sagte Weselsky.
Die Bahn hat einen Notfahrplan ausgearbeitet, der bis zum Dienstagnachmittag im Internet veröffentlicht werden sollte. Bei den vorigen Streiks fuhr nach Bahnangaben nur jeder dritte Fernzug. Im Regionalverkehr war es im Osten stellenweise nur jeder zehnte Zug, während in Westdeutschland mehr als die Hälfte fuhr. Unter dem Strich war etwa die Hälfte der sonst üblichen Züge unterwegs.
Massive Auswirkungen auf die Wirtschaft befürchtet
Besorgte Stimmen kamen aus Wirtschaft und Politik. Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert (SPD): "Ich befürchte massive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und mögliche Kurzarbeit."
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CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer forderte eine Pflicht-Schlichtung für Lokführer, Fluglotsen oder im Gesundheitswesen. "Denn Deutschland muss am Laufen gehalten werden", sagte Scheuer zu "Focus Online".
Hohe Kosten durch den Streik
"Jeder weitere Streiktag bürdet der gesamten deutschen Industrie neue Lasten auf", erklärte der Maschinenbau-Verband VDMA. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) nannte die Ankündigung eine "schlechte Nachricht für die deutsche Wirtschaft".
"Die Unternehmen arbeiten gerade mit Hochdruck daran, die Folgen des letzten Streiks zu überwinden. Da können sie keine Knüppel zwischen den Beinen gebrauchen, die die enormen Kosten von zuletzt 500 Millionen Euro weiter nach oben treiben", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer dem Berliner "Tagesspiegel".
Lokführerstreik und Pfingsten - Automobilclubs warnen vor Staus
Sollten die angekündigten Bahnstreiks bis zum Pfingstwochenende dauern, müssen die Reisenden laut ADAC "viel, viel Geduld mitbringen". Der Autoclub rechnet auf vielen Straßen in Deutschland ohnehin mit Staus und Wartezeiten; kommt der Bahnstillstand hinzu, wird es besonders Freitagnachmittag und Samstagvormittag "heftig werden", sagte ADAC-Sprecher Andreas Hölzel am Dienstag. "Das ist eine Extrabelastung", sagte der Sprecher des Auto Club Europa (ACE), Constantin Hack, in Stuttgart.
"Neben den Staus kommt für viele Reisende das Ärgernis hinzu, dass sie ungeplant aufs Auto umsteigen müssen. Manche müssen sich extra eines ausleihen", sagte der ADAC-Sprecher weiter. Hack von ACE rät Autofahrern, antizyklisch in den Urlaub zu fahren - zum Beispiel nachts oder am Sonntag, wenn Lkw nicht auf der Autobahn fahren dürfen.
Mit den größten Staus ist vor allem im Süden Deutschlands zu rechnen, da in Bayern und Baden-Württemberg die zweiwöchigen Pfingstferien beginnen. Zumindest Behinderungen erwartet der ADAC aber auf fast allen Autobahnen - in einigen Bundesländern ist nach dem Pfingstmontag noch einen Tag schulfrei. Am Pfingstmontag erwartet Hölzel dann "starken Rückreiseverkehr". Wer nicht erst am Sonntag losfahren kann, sollte laut ADAC-Sprecher entweder samstags sehr früh oder erst am späten Nachmittag die Reise antreten. (dpa)