Berlin. . Die Lokführer wollen die Bahn noch länger lahmlegen als beim letzten Mal. Bahn und GDL wollen am Dienstag noch miteinander sprechen.

  • Streik soll Dienstag um 15 Uhr im Güterverkehr, Mittwoch um 2 Uhr im Personenverkehr beginnen.
  • GDL lässt Ende des Streiks offen.
  • Bahn will am Nachmittag den Ersatzfahrplan vorstellen.

Vor dem neunten Lokführerstreik gibt es noch Hoffnung auf eine Einigung zwischen der Gewerkschaft GDL und der Bahn. "Wir werden noch im Laufe dieses Tages mit der GDL an einem Tisch sitzen", sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin".

Als Experte ist der frühere Richter am Bundesarbeitsgericht Klaus Bepler hinzugezogen worden, wie die Bahn bestätigte. Er war vor fünf Jahren federführend an den Urteilen beteiligt, mit denen das Bundesarbeitsgericht seine Linie zur Tarifeinheit änderte.

Zur Frage, ob der angekündigte Streik noch verhindert werden könnte, sagte Weber: "Das will ich nicht sagen, aber das ist unser Ziel."

Lokführer wollen ab 15 Uhr die Arbeit niederlegen

Bereits acht Tage nach dem jüngsten Streik legen die Lokführer bei der Deutschen Bahn von diesem Dienstag (15 Uhr) an erneut die Arbeit nieder. Der Ausstand fällt damit in die Pfingstwoche. Der neunte Arbeitskampf im laufenden Tarifkonflikt beginnt im Güterverkehr. Am Mittwoch um 2 Uhr sollen auch die Personenzüge stehen bleiben, wie die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am Montag ankündigte.

Das Streikende will die GDL erst 48 Stunden vorher nennen. Sie will noch länger die Arbeit niederlegen als beim vorigen Mal. Am 10. Mai war ein fast sechstägiger Ausstand im Personenverkehr zu Ende gegangen. Es war der bisher längste Streik in der 21-jährigen Geschichte der Deutschen Bahn AG.

GDL-Chef Weselsky attackiert Bahn vor neuem Streik

Kurz vor Beginn des neuen Lokführerstreiks hat Gewerkschaftschef Claus Weselsky erneut die Deutsche Bahn scharf angegriffen. "Wir sehen ein Management, das versucht, das auszusitzen, das uns hinhält", sagte er am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin". Die Bahn sei nicht einmal in der Lage gewesen, ein Schlichtungsabkommen mit der GDL zu verhandeln.

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Man stehe jederzeit für Verhandlungen zur Verfügung, sagte Weselsky - sei aber nicht bereit, in einer Schlichtung über die Frage der Tarifeinheit zu verhandeln: "Es ist schlussendlich unser Grundrecht, für unsere Mitglieder einen Tarifvertrag abzuschließen - und zwar egal, ob der abweicht von einem anderen Tarifvertrag oder nicht."

Die eigentlichen inhaltlichen Fragen des Tarifstreits mit der Bahn seien nicht unlösbar, sagte Weselsky. Sollte es dort eine Schlichtung geben, sei die GDL auch in der Lage, den Arbeitskampf innerhalb einer kurzen Zeit von 12 bis 24 Stunden zu beenden.

Die GDL warf der Bahn vor, kein Interesse an einem Ende des Tarifkonflikts zu haben. Die Bahn verurteilte den Streik "als Schikane für viele Millionen Menschen" und forderte erneut eine Gesamtschlichtung.

Ersatzfahrplan der Bahn soll am Dienstag vorgestellt werden

Die Bahn arbeitet mit Hochdruck an einem Ersatzfahrplan, den sie am Dienstag für den Personenverkehr veröffentlichen will. Bei den vorigen Streiks fuhr nach Bahnangaben jeder dritte Fernzug, im Regionalverkehr war es im Osten stellenweise nur jeder zehnte Zug, während in Westdeutschland mehr als die Hälfte fuhr.

Kritik aus Wirtschaft und Politik: "Neue Lasten für die Industrie" 

Besorgte Stimmen kamen aus Wirtschaft und Politik. Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert (SPD), sagte: "Ich befürchte massive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und mögliche Kurzarbeit". CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer forderte eine Pflicht-Schlichtung für Lokführer, Fluglotsen oder im Gesundheitswesen. "Denn Deutschland muss am Laufen gehalten werden", sagte Scheuer zu "Focus Online".

DIHK: "Schlechte Nachricht für die deutsche Wirtschaft"

"Jeder weitere Streiktag bürdet der gesamten deutschen Industrie neue Lasten auf", erklärte der Maschinenbau-Verband VDMA. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) nannte die Ankündigung eine "schlechte Nachricht für die deutsche Wirtschaft". "Die Unternehmen arbeiten gerade mit Hochdruck daran, die Folgen des letzten Streiks zu überwinden. Da können sie keine Knüppel zwischen den Beinen gebrauchen, die die enormen Kosten von zuletzt 500 Millionen Euro weiter nach oben treiben", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer dem "Tagesspiegel".

Unabhängig vom Streit mit der GDL will die Bahn "versuchen, am Donnerstag mit der EVG zu einem Abschluss zu kommen", wie Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber sagte. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) dringt auf einen Tarifabschluss für ihre rund 100 000 Mitglieder bei der Bahn an diesem Tag. Für den Fall einer Nichteinigung hat sie ebenfalls mit Streik gedroht. Sie fordert sechs Prozent Einkommenszuwachs, mindestens jedoch 150 Euro pro Monat. Arbeitszeitverkürzungen und Überstundenregelungen wie bei der GDL sind für die EVG keine aktuellen Themen. (dpa)

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Bahn-Kunden im GDL-Streik

Einige Pendler hatten Glück – ihre Verbindung war gerade nicht vom Streik betroffen – oder sie haben sich frühzeitig Ersatz suchen können. Christian Müller (33) gehört zu diesen Glücklichen. „Ich wohne in Essen und pendle jeden Tag nach Düsseldorf, um dort zu arbeiten“, sagt der 33-Jährige. Seine Bahnen fahren noch regelmäßig. „Ich hoffe aber, dass ich heute Abend genausogut nach Hause komme.“ Ansonsten muss auch er sich eine Alternative überlegen.
Einige Pendler hatten Glück – ihre Verbindung war gerade nicht vom Streik betroffen – oder sie haben sich frühzeitig Ersatz suchen können. Christian Müller (33) gehört zu diesen Glücklichen. „Ich wohne in Essen und pendle jeden Tag nach Düsseldorf, um dort zu arbeiten“, sagt der 33-Jährige. Seine Bahnen fahren noch regelmäßig. „Ich hoffe aber, dass ich heute Abend genausogut nach Hause komme.“ Ansonsten muss auch er sich eine Alternative überlegen. © Daniel Kamphaus/FUNKE Foto Services
Eileen Wachholz (19) hat noch eine Odyssee vor sich. „Ich muss heute noch nach Berlin – und niemand kann mir sagen, welche Züge ich nehmen muss“, ärgert sich die 19-Jährige. Sie hat ihren Freund in Essen besucht. Vor der Zugfahrt zurück in ihre Heimat graut es ihr. Lange Wartezeiten und viele Umstiege stehen ihr bevor. „Ich hoffe, dass ich nicht irgendwo in Hannover strande und dort die Nacht am Bahnhof verbringen muss. Mit Hotels hat es die Bahn ja nicht so.“
Eileen Wachholz (19) hat noch eine Odyssee vor sich. „Ich muss heute noch nach Berlin – und niemand kann mir sagen, welche Züge ich nehmen muss“, ärgert sich die 19-Jährige. Sie hat ihren Freund in Essen besucht. Vor der Zugfahrt zurück in ihre Heimat graut es ihr. Lange Wartezeiten und viele Umstiege stehen ihr bevor. „Ich hoffe, dass ich nicht irgendwo in Hannover strande und dort die Nacht am Bahnhof verbringen muss. Mit Hotels hat es die Bahn ja nicht so.“
Da er keine andere Möglichkeit sah, überhaupt zur Arbeit zu kommen, entschied sich Pascal Buber (24) für die restliche Zeit des Bahn-Streiks, Urlaub zu nehmen. „Ich wohne in Wuppertal und muss jeden Tag bis nach Essen pendeln“, sagt der 24-jährige Lagerarbeiter. Seinem Chef hat er die Situation erklärt und der hätte Pascal Bubers Verhalten positiv aufgenommen. „Ich will niemanden mit eventuellem Zu-spät-kommen zur Last fallen, daher habe ich mich dafür entschieden.“
Da er keine andere Möglichkeit sah, überhaupt zur Arbeit zu kommen, entschied sich Pascal Buber (24) für die restliche Zeit des Bahn-Streiks, Urlaub zu nehmen. „Ich wohne in Wuppertal und muss jeden Tag bis nach Essen pendeln“, sagt der 24-jährige Lagerarbeiter. Seinem Chef hat er die Situation erklärt und der hätte Pascal Bubers Verhalten positiv aufgenommen. „Ich will niemanden mit eventuellem Zu-spät-kommen zur Last fallen, daher habe ich mich dafür entschieden.“ © Daniel Kamphaus/FUNKE Foto Services
Viel zu spät zu einer Klausur an der Uni ist Jill Jaspers gekommen. Die 21-Jährige studiert in Essen Kultur und Wirtschaft. Sie pendelt jeden Morgen 1.45 Stunden zur Universität. „Das ist so schon stressig, aber dass ich deswegen ein Viertel der Klausurzeit verpasse, ist echt blöd.“ Die meisten ihrer Kommilitonen und Dozenten wissen vom Streik. Es kämen öfter Studenten zu spät. „Für mich bedeutete die Situation aber enormen Druck, weil es eine sehr wichtige Klausur war.“
Viel zu spät zu einer Klausur an der Uni ist Jill Jaspers gekommen. Die 21-Jährige studiert in Essen Kultur und Wirtschaft. Sie pendelt jeden Morgen 1.45 Stunden zur Universität. „Das ist so schon stressig, aber dass ich deswegen ein Viertel der Klausurzeit verpasse, ist echt blöd.“ Die meisten ihrer Kommilitonen und Dozenten wissen vom Streik. Es kämen öfter Studenten zu spät. „Für mich bedeutete die Situation aber enormen Druck, weil es eine sehr wichtige Klausur war.“ © Daniel Kamphaus/FUNKE Foto Services
Die ehrenamtlichen Helfer der Bahnhofsmission hatten gut zu tun. Sonja Lohf (27) gehört dazu. „Wir stehen den Leuten in erster Linie mit gutem Rat zur Seite.“ Nach dem Sturm Ela haben die Mitarbeiter der Bahnhofsmission eine Informationsmappe erstellt, in der sie aufgezeichnet haben, wie Pendler mit dem öffentlichen Nahverkehr, also U-Bahn und Bussen, von A nach B kommen. „Beim Streik achten wir außerdem verstärkt auf ältere Menschen und Familien mit kleinen Kindern. Letzteren bieten wir an, in unserer Kinderlounge zu spielen oder die Kids dort zu wickeln“, sagt die 27-Jährige. Die Ehrenamtlichen arbeiten in Schichten und verteilen auch Tee, Kaffee und Wasser.
Die ehrenamtlichen Helfer der Bahnhofsmission hatten gut zu tun. Sonja Lohf (27) gehört dazu. „Wir stehen den Leuten in erster Linie mit gutem Rat zur Seite.“ Nach dem Sturm Ela haben die Mitarbeiter der Bahnhofsmission eine Informationsmappe erstellt, in der sie aufgezeichnet haben, wie Pendler mit dem öffentlichen Nahverkehr, also U-Bahn und Bussen, von A nach B kommen. „Beim Streik achten wir außerdem verstärkt auf ältere Menschen und Familien mit kleinen Kindern. Letzteren bieten wir an, in unserer Kinderlounge zu spielen oder die Kids dort zu wickeln“, sagt die 27-Jährige. Die Ehrenamtlichen arbeiten in Schichten und verteilen auch Tee, Kaffee und Wasser. © Daniel Kamphaus/FUNKE Foto Services
Sven Haupthoff(21) ist zweieinhalb Stunden zu spät zum Kennenlern-Essen bei den Eltern seiner Freundin gekommen. „Das war mir sehr unangenehm. Die Eltern hatten extra gekocht und den Tisch schön gedeckt.“ Zum Glück rief der 21-Jährige rechtzeitig bei seiner Freundin an und kündigte seine Verspätung an. Dass es so lange dauerte, war ihm jedoch nicht klar. „Ihre Eltern waren so lieb und haben mit dem Essen auf mich gewartet. Sie haben dann auch reichlich drüber gescherzt, von wegen Bahn und so – aber es war trotzdem sehr peinlich. Beim ersten Treffen!“ Zur Arbeit hat es Sven Haupthoff aber pünktlich geschafft – zum Glück, denn er pendelt jeden Tag von Düsseldorf nach Dortmund.
Sven Haupthoff(21) ist zweieinhalb Stunden zu spät zum Kennenlern-Essen bei den Eltern seiner Freundin gekommen. „Das war mir sehr unangenehm. Die Eltern hatten extra gekocht und den Tisch schön gedeckt.“ Zum Glück rief der 21-Jährige rechtzeitig bei seiner Freundin an und kündigte seine Verspätung an. Dass es so lange dauerte, war ihm jedoch nicht klar. „Ihre Eltern waren so lieb und haben mit dem Essen auf mich gewartet. Sie haben dann auch reichlich drüber gescherzt, von wegen Bahn und so – aber es war trotzdem sehr peinlich. Beim ersten Treffen!“ Zur Arbeit hat es Sven Haupthoff aber pünktlich geschafft – zum Glück, denn er pendelt jeden Tag von Düsseldorf nach Dortmund. © FDaniel Kamphaus/FUNKE Foto Services
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