Essen. Der Mindestlohn für Erntehelfer treibt Kosten der Spargel-Bauern in die Höhe. Ob die Verbraucherpreise steigen, hängt auch vom Wetter ab.
Die Spargelernte hat begonnen. Wie sie in diesem Jahr ausfallen wird, hängt ganz allein vom Wetter ab. Fest steht jedoch, dass die Produktion des beliebten Edelgemüses teurer wird. Der Mindestlohn werde mit 50 Cent pro Kilogramm zu Buche schlagen, rechnet die Landwirtschaftskammer NRW. Ob die Mehrkosten an die Verbraucher weitergereicht werden, steht auf einem anderen Blatt.
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Im Schnitt 17.500 Tonnen Spargel jährlich stechen die etwas mehr als 400 Betriebe in NRW. Das ist rund ein Fünftel der gesamtdeutschen Produktion. „Spargel ist in Nordrhein-Westfalen wie auch bundesweit die am stärksten angebaute Gemüsekultur“, sagt Willy Kreienbaum von der Spargelvereinigung Westfalen-Lippe. Hochburgen in NRW sind laut Kreienbaum das niederrheinische Walbeck oder Waltrop im Ruhrgebiet.
Ernte bis zum 24. Juni
Bei der aufwändigen Ernte, die am 24. Juni, dem Johannistag, zu Ende geht, sind die Unternehmen auf Saisonkräfte angewiesen, die schwerpunktmäßig aus Polen kommen. „Allein mit inländischen Kräften ist das nicht zu schaffen“, so Bernhard Rüb, Sprecher der NRW-Landwirtschaftskammer.
In diesem Jahr haben die Aushilfen erstmals Anspruch auf einen Mindestlohn. Nach Angaben der Kammer liegt er mit 7,40 Euro pro Stunde unter dem bundesweit geltenden Satz von 8,50 Euro. „Das haben die Tarifpartner mit Zustimmung der Bundesregierung ausgehandelt“, sagt Kammer-Sprecher Bernhard Rüb. Wie sich der Mindestlohn auf die Bezüge der Saisonkräfte auswirken wird, vermag er nicht zu sagen, da die Betriebe bislang nach eigenem Ermessen zahlten. Und: „Bei der Spargelernte geht es oft auch nach Akkord“, so der Sprecher.
70 Prozent Direktvermarktung
Unter dem Strich geht die Landwirtschaftskammer davon aus, dass die Spargel-Erzeugung durch den Mindestlohn um 50 Cent pro Kilogramm teurer wird. Ob die Mehrkosten auch an die Endverbraucher weitergegeben werden können, hänge von vielen Faktoren ab. Bauern, die ihren Spargel direkt vermarkten, werden ihren Kunden den Aufpreis am ehesten erklären können, warum die Ware teurer wird, vermutet Rüb. Anders sehe es im von Discountern dominierten Einzelhandel aus.
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Im Gegensatz zu Bundesländern wie Brandenburg oder Berlin ist die Direktvermarktung in NRW weit verbreitet. Nach Angaben der Landwirtschaftskammer werden hierzulande 70 Prozent des Spargels ab Hof, über Wochenmärkte und Verkaufsstände unter die Kunden gebracht. Zehn Prozent gehen an Gaststätten und nur 20 Prozent landen in den Regalen des Groß- und Einzelhandels.
„Die Bauern werden bei der Preisgestaltung abwarten“, vermutet Rüb. Denn Spargel sei in mehrfacher Hinsicht vom Wetter abhängig. „Wenn wir sechs Wochen lang Temperaturen über 20 Grad haben, sinken die Preise, weil die Ernte gut ausfällt“, so der Landwirtschaftsexperte. Bleibt es jedoch kalt, führe die geringe Ausbeute automatisch zu höheren Preisen. Aber auch auf der Nachfrageseite seien die Bauern auf Sonne angewiesen. Rüb: „Bei schönem Wetter wächst der Appetit auf Spargel.“
Bürokratie für Landwirte
Der Mindestlohn ist also nur ein Faktor, der über den Preis entscheidet. Wie andere Branchen auch stöhnen die Landwirte über den bürokratischen Aufwand, der mit der neuen Regelung verbunden ist.
„Mittlerweile stellt sich schon die Frage, ob arbeitsintensive Kulturen wie Erdbeeren und Spargel oder Einlegegurken und Salat in Zukunft überhaupt noch in Deutschland angebaut werden können“, argwöhnte Bauernpräsident Joachim Rukwied in einem Interview.
„Bei den Kontrollen zum Mindestlohn wird auch die Dokumentation der Arbeitskräfte aus der Familie zum großen Problem“, so Rukwied. Rein formal müssten die Spargelstecher nach zehn Stunden den Feierabend einläuten, was in der kurzen Erntezeit kaum einzuhalten sei.