Essen. Der Stifterverband der Deutschen Wissenschaft schlägt Alarm: Deutsche Hochschulen verlieren in einem wachsenden Markt an Boden.

Deutsche Unternehmen stecken immer weniger Geld in die Forschung an heimischen Hochschulen und lassen lieber im Ausland forschen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft in Essen. „In den Unternehmen wachsen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zwar seit Jahren. Aber die deutschen Hochschulen bekommen immer weniger davon ab“, sagte Mathias Winde, Programmleiter für Hochschulpolitik beim größten privaten Wissenschaftsförderer in Deutschland, dieser Zeitung. Nur noch 14 Prozent der von der Wirtschaft vergebenen Auftragsforschung finde in heimischen Gefilden statt – der niedrigste Wert seit Beginn der Statistik im Jahr 1991. Winde: „In einem wachsenden Markt verlieren die Hochschulen an Boden. Das bereitet uns Sorgen.“

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Im Jahr 2005 lag der Anteil der an die deutschen Hochschulen vergebenen Drittmittel aus der Wirtschaft noch bei gut 28 Prozent. Seitdem geht er kontinuierlich zurück. 2012, dem letzten Erhebungszeitraum, fiel er mit knapp 20 Prozent auf ein historisches Tief. Die Summe der Forschungsgelder, die deutsche Firmen an ausländische Hochschulen vergeben hatten, stieg im Jahresschnitt um über 15 Prozent.

Konkurrenz von 22.000 Hochschulen

Inländische Forschungsgelder legten dagegen nur um 5,7 Prozent zu. Die Tendenz spiegelt sich auch bei den Stiftungsprofessuren wider: Während es 2009 noch 563 von Unternehmen bezahlte Lehrstühle an deutschen Hochschulen gab, waren es 2012 nur noch 514. Neuere Zahlen gibt es laut Stifterverband nicht. Der Trend habe sich seitdem aber fortgesetzt.

Als Hauptursache für diese Entwicklung sieht der Stifterverband die wachsende Internationalisierung nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der Wissenschaft. Besonders die großen deutschen Konzerne seien global aufgestellt und ließen entsprechend immer häufiger dort forschen, wo sie auch produzierten. Hervorzuheben sind hier die deutschen Automobil- und Maschinenbauer mit einer Steigerung der Auslandsforschung von 25 bis 27 Prozent in den letzten Jahren.

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Auch der Wettbewerb der Hochschulen untereinander wird immer internationaler: Im Ringen um Forschungsmittel stehen die rund 100 deutschen Hochschulen in Konkurrenz zu 22.000 Hochschulen weltweit. Zusätzlich haben sich die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in der deutschen Hochschullandschaft verschlechtert. Heißt: Hochschulen rechneten nicht mehr nur Projekt- sondern immer mehr Vollkosten ab und behielten häufig die Verwertung der Forschung im eigenen Haus, so Winde.

Einmischung „klare Ausnahme“

Dennoch beurteilt der Stifterverband die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft als „weitgehend reibungslos“. In einer aktuellen Befragung des Verbandes bescheinigten die Hochschulleiter den Unternehmen überwiegend einen fairen und den wissenschaftlichen Regeln entsprechenden Umgang bei Kooperationen. Versuche, wissenschaftliche Veröffentlichungen zu steuern oder Forschungsergebnisse zu beeinflussen, seien „die klare Ausnahme“.

94 Prozent der Hochschulleiter berichteten, dass es keine unangemessene Einflussnahme an ihrer Hochschule gebe. Ohnehin ist das Engagement der Wirtschaft an den Hochschulen deutlich geringer, als häufig angenommen. Nur 4,3 Prozent der Hochschuleinnahmen kommen aus der Wirtschaft.