Bochum. . Die Bochumer 1. Bevollmächtigte setzt sich erneut für eine industriepolitische Konferenz ein. Ziel soll die Ansiedlung von Industriearbeitsplätzen sein.
Die Schrumpfkur der Bochumer IG Metall ist ein höchst schmerzhafter Prozess. Leiser geworden ist die Gewerkschaft dadurch nicht. Gab die Fusion mit der Verwaltungsstelle Herne vor drei Jahren zumindest rechnerisch einen kleinen Auftrieb, so verschwinden in diesem Jahr erneut im großen Stil industrielle Arbeitsplätze. Opel und Outokumpu seien als Stichworte genannt. Doch die 1. Bevollmächtigte Eva Kerkemeier ficht das nicht an: „Wir brauchen Impulse für diese Region. Und da wollen wir als IG Metall mit gutem Beispiel vorangehen.“
Vielleicht hilft ein Blick in die Geschichte: Vor genau 100 Jahren stand der Deutsche Metallarbeiter Verband (DMV), Vorläufer der IG Metall vor einer Zerreißprobe. Gerade in Bochum. Die Gewerkschaftsbosse hatten sich im ersten Weltkrieg zu einer „Burgfriedenpolitik“ durchgerungen. Stillhalten hieß die Parole. Die Mitglieder stimmten mit den Füßen ab. Binnen weniger Monate kehrten rund 77 Prozent der Arbeiter ihrem Verband den Rücken. Von ehedem stolzen 1400 im Jahr 1913 blieben zwei Jahre später gerade gut 320 übrig.
Ein schmerzhafter Aderlass
Heute, 123 Jahre nach der Gründung des Metallarbeiterverbands in Bochum, zehrt eine ganz andere Krise an den Kräften dieser immer noch größten Einzelgewerkschaft weit und breit. 1992 gab es allein in Bochum 44.000 Mitglieder, heute sind es noch etwa 28.000 Männer und Frauen, einschließlich Herner, die so organisiert sind.
Fast noch schlimmer als dieser Aderlass ist das Schrumpfen der zahlenden Metaller. Nur rund die Hälfte der Mitglieder arbeitet und zahlt den entsprechenden Gewerkschaftsbeitrag.
Die Werbetrommel rühren
Eva Kerkemeier machen diese Zahlen nicht glücklich. Sie ist aber nicht der Typ Mensch, der nun den Kopf in den Sand steckt und hadert. „Wir brauchen Menschen, die gerade jetzt aus dem Jammerloch herauskommen.“
Was sie ganz konkret meint: Fachleute, etwa in der Wirtschaftsförderung, professionelle Verkäufer also seien gefragt, um Bochum und die Region nach vorne zu bringen. Die IG Metall will dazu ihr Scherflein beitragen: „Ich glaube an industrielle Arbeitsplätze hier“, sagt sie fast trotzig. Mit einer bereits vor gut einem Jahr angedachten „Industriepolitischen Konferenz“ in Bochum soll in diesem Jahr ganz konkret die Werbetrommel gerührt werden für den Standort.
Das Wichtigste sind die Menschen
Und ja, die IG Metall, die nicht verhindern konnte, dass Nokia, dass Opel, dass Krupp, später Thyssen-Krupp, vor Ort „in den Sack hauten“, wie man hier sagt oder sich bis zur Unkenntlichkeit schlank schrumpften, will nicht den Job der Arbeitgeber machen, was natürlich gar nicht ihre Aufgabe ist.
Die Initiative der Ruhr-Universität, unter dem Stichwort „World Factory“ neues (Arbeits-)Leben auf die Opelfläche in Laer zu bringen, begrüßt die IG Metall ausdrücklich. Auch wird Potenzial gesehen in Kooperationen mittelständischer Unternehmen, die sich etwa zusammenschließen, um gemeinsam Forschung zu betreiben und sich so über einen Austausch an Technologie-Know-how gegenseitig stärken können.
Aber das Wichtigste für Eva Kerkemeier sind die Menschen, die hier leben, seit Generationen: „Das sind die Leute, die diese Arbeit können, hier ist die Kompetenz.“