Mülheim. . Die geplante Übernahme von 415 Kaiser's-Tengelmann-Supermärkten durch den Handelsriesen Edeka droht am Widerstand des Bundeskartellamts zu scheitern. Ohne Fusion wären Tausende Jobs gefährdet.

Für Edeka wäre es ein weiterer Baustein zur Zementierung seiner Marktführerschaft, für Kaiser’s/Tengelmann geht es schlicht ums Überleben – doch der Verkauf der 451 Supermärkte an die größte Kette im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel droht zumindest im geplanten Umfang am Bundeskartellamt zu scheitern. Die Behörde erhebt schwere Bedenken gegen die Fusion.

Für die Mülheimer Tengelmann-Gruppe und ganz besonders für die 16.000 Mitarbeiter der Supermarkt-Sparte wäre ein Scheitern fatal. Die Läden schreiben laut Tengelmann seit 15 Jahren Verluste. Ohne neuen Eigentümer droht Kaiser’s/Tengelmann der Gang zum Insolvenzgericht. Tausende Arbeitsplätze gerieten in Gefahr.

"Weit über zehn Prozent" Marktanteil

Für das Kartellamt ist aber die Frage entscheidend, ob Marktführer Edeka mit der Übernahme zu mächtig würde. Und die Behörde machte deutlich, dass sie diese Gefahr sieht – sowohl bei der Einkaufsmacht als auch in der Präsenz vor Ort. Bei einem Marktanteil der Kaiser’s/Tengelmann-Filialen von nur 0,6 Prozent (Edeka hält gut 25 Prozent) erscheint das auf den ersten Blick übertrieben.

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Doch die Kartellwächter blicken nur auf jene Regionen, in denen Kaiser’s/Tengelmann stark ist: Berlin, München und NRW – hier vor allem das Kernruhrgebiet. Die „sehr gründliche“ Prüfung habe gezeigt, dass Edeka in diesen Regionen mit Kaiser’s/Tengelmann „weit über zehn Prozent“ Marktanteil gewänne. In vielen Bezirken würden nur noch zwei Nahversorger mit Marken-Sortiment übrig bleiben: Die Edeka-Gruppe (Edeka/Netto) und die Rewe-Gruppe (Rewe/Penny).

„Das Vorhaben würde nach den bisherigen Ermittlungen zu einer Verdichtung der ohnehin stark konzentrierten Marktstrukturen führen“, erklärte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt. Den Herstellern von Markenartikeln breche mit Kaiser’s/Tengelmann eine der wenigen Absatzalternativen zu den in diesem Bereich dominierenden Ketten Edeka, Rewe und Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) weg. Mittelständische Einzelhändler hätten es noch schwerer gegen die Einkaufsmacht der Großen.

Frist bis zum 26. Februar

Nun sind Edeka und Tengelmann am Zug, sie müssen bis zum 26. Februar reagieren, das Kartellamt entscheidet bis zum 6. März. Beide Unternehmen wollten sich gestern nicht dazu äußern. Aus Mülheim war zu hören, man werte derzeit die rund 260 Seiten des Kartellamts aus. Der "Lebensmittelzeitung" zufolge soll darin auch der bedrohliche Satz stehen: „Wir beabsichtigen, das am 6. November 2014 angemeldete Zusammenschlussvorhaben zu untersagen.“

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Bei einer solch klaren Ansage werden die Fusionspartner größere Zugeständnisse machen müssen, was darauf hinausläuft, dass Tengelmann viele der 451 Filialen an Konkurrenten von Edeka verkauft. Auf diese Weise ging 2007 der Verkauf der Discount-Kette Plus von Tengelmann an die Edeka-Tochter Netto über die Bühne: Von den 2900 Plus-Märkten mussten 400 anderweitig verkauft werden.

Diesmal steht jedoch die Frage im Raum, ob sich das Kartellamt überhaupt auf einen solchen Deal einlässt. „Ob eine Zusagenlösung im vorliegenden Fall möglich wäre, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden“, heißt es.

Würde die Fusion in Gänze untersagt und blieben mögliche Klagen dagegen erfolglos, könnte nur noch eine – äußerst seltene – Ministererlaubnis das Vorhaben retten. Es wäre dann an Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, das Nein des Kartellamts außer Kraft zu setzen.