Essen. Die geplante Übernahme der 451 Supermärkte von Kaiser's Tengelmann durch Edeka ruft Politiker und Wettbewerber auf den Plan. Auf Kartellamtspräsident Andreas Mundt warten am Mittwoch bohrende Fragen im Landwirtschaftsausschuss des Bundestags. Kritiker erwarten zu viel Marktmacht für Edeka.
Wenn Kartellamtspräsident Andreas Mundt am Mittwoch im nicht-öffentlichen Teil des Landwirtschaftsausschusses des Bundestags auftritt, wird er sich bohrenden Fragen der Abgeordneten stellen müssen. Die geplante Übernahme der 451 Kaiser’s Tengelmann-Supermärkte durch Edeka stößt in der Politik auf Widerstand.
Als prominentester Vertreter aus dem politischen Raum hatte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt schon Mitte Oktober seine Bedenken angemeldet. „Eine solche Entwicklung ist nicht im Interesse der Verbraucher. Denn langfristig wächst die Gefahr, dass die marktmächtigen Unternehmen die Preise diktieren können“, sagte der CSU-Politiker.
Kartellamt hat bis März 2015 Zeit
Die noch weiter wachsende Marktmacht des Handelsriesen Edeka wird sich das Bundeskartellamt genau anschauen müssen. Seit der vergangenen Woche liegt Präsident Mundt offiziell der Antrag vor. Die Mülheimer Tengelmann-Gruppe will sich von ihrer Supermarkt-Sparte trennen, weil sie seit Jahren rote Zahlen schreibt. Der Marktführer Edeka war offenbar der einzige Handelskonzern, der sich für die 451 Filialen interessierte.
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Die Bonner Kartellwächter haben nun bis März 2015 Zeit, das umstrittene Geschäft zu prüfen. Kurz bevor der Tengelmann-Edeka-Deal bekannt wurde, hatten sie schon vor dem wachsenden Konzentrationsprozess im deutschen Lebensmittelhandel gewarnt. Nach einer Untersuchung des Amts Ende September kontrollieren Edeka, Rewe, Aldi und Lidl/Kaufland schon jetzt 85 Prozent des Markts. Die Folge: Die Konzerne können ihre Größe nutzen, um die Preise gegenüber Herstellern zu drücken.
SPD-Politiker Dirk Wiese in Sorge um Arbeitsplätze
Doch nicht nur die fortschreitende Konzentration im Handel treibt das politische Berlin um. Es geht auch um die Zukunft der 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann und die Mitbestimmung, die im genossenschaftlich geprägten Edeka-Verbund völlig anders aussieht.
Dirk Wiese, SPD-Bundestagsabgeordneter aus dem Sauerland, ist alarmiert: „Die Übernahme der Kaiser’s Tengelmann-Filialen durch Edeka bereitet mir Bauchschmerzen. Tarifstrukturen und Betriebsräte wie bei Tengelmann gibt es bei Edeka so nicht“, sagte er dieser Zeitung. „Ich habe deshalb die Sorge, dass dieser Mangel an Tarifstrukturen bei der Übernahme ausgenutzt wird, um viele der jetzt noch 16.000 Stellen bei Kaiser’s Tengelmann ohne innerbetriebliche Gegenwehr in 450-Euro-Jobs umzuwandeln. Dazu darf es nicht kommen.“
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Edeka wies am Dienstag Spekulationen zurück, einen großen Teil der Kaiser’s Tengelmann-Filialen in Discounter ihrer Tochter Netto umwandeln zu wollen. Im Fokus stehe, das Vollsortiment zu stärken. Widerlegt sieht Edeka auch Vorwürfe, die Genossenschaft betreibe Tarifflucht. Eine Studie, die auch von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung unterstützt wurde, habe ergeben, dass tarifliche Leistungen und Mitbestimmung unberührt blieben, wenn Supermärkte – wie bei Edeka üblich – durch selbstständige Kaufleute übernommen werden.
Rewe will Übernahme verhindern
Derweil schläft die Konkurrenz nicht. Alain Caparros, Chef des zweitgrößten Lebensmittelhändlers Rewe, kündigte in einem Interview an, „alle juristischen Möglichkeiten“ zu nutzen, um die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka zu verhindern. Caparros argumentiert, dass Rewe die um 451 vergrößerte Edeka nicht mehr einholen könne. In Berlin etwa würde Edeka auf einen Marktanteil von 35 Prozent kommen und damit doppelt so groß werden wie Rewe. Auch das wird sich das Kartellamt genau anschauen.