München. Gewinneinbruch, Probleme im Energiehandel und ein teurer Zukauf: Siemens-Chef Kaeser kämpft mit mehreren Baustellen. Die Aktionäre sind wenig erfreut.
Siemens-Chef Joe Kaeser ist viele Probleme auch zum Start ins neue Geschäftsjahr noch nicht los: Auf der Hauptversammlung des Elektroriesen in München musste der Vorstandsvorsitzende den rund 7700 anwesenden Aktionären am Dienstag über anhaltende Schwierigkeiten im Energiegeschäft und einen Gewinneinbruch im ersten Quartal berichten. Auch in der Medizintechnik lief es nicht rund.
Neue Führungsmannschaften sollen jetzt das Ruder herumreißen. Aber auch die Milliarden-Übernahme des US-Industriezulieferers Dresser-Rand gilt wegen des Ölpreisverfalls derzeit nicht gerade als Glücksgriff. Von den Aktionären musste sich Kaeser deshalb deutliche Kritik gefallen lassen.
Mehr Tempo bei der Neuausrichtung, lautete eine zentrale Forderung der Anleger. "Wie viele Übergangsjahre wollen Sie uns noch zumuten, Herr Kaeser?", fragte Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment.
Dresser-Rand-Deal bereitet Anlegern Sorgen
Siemens sei in den letzten Jahren hinter die Wettbewerber zurückgefallen und habe auch die Technologie- und Innovationsführerschaft in weiten Teilen verloren. "Ein Weiter-So darf es nicht geben, wenn man nicht noch mehr an Boden verlieren will", warnte Speich.
Auch interessant
Sorgen bereitet den Anlegern auch der milliardenschwere Dresser-Rand-Deal. Kaeser habe damit viel Kredit verspielt, sagte Henning Gebhardt von Deutsche Asset & Wealth Management: "Auch wenn es für eine Beurteilung heute natürlich zu früh ist, so erscheint der Einstieg in Öl und Gas erst einmal misslungen."
Der Siemens-Chef verteidigte das Geschäft. Zwar sei ein Rückgang neuer Projekte in der Ölindustrie zu spüren - langfristig werde die Branche aber weiter kräftig investieren, zeigte sich Kaeser zuversichtlich. Dresser-Rand ist als Zulieferer der Ölindustrie stark von deren Investitionen abhängig. Wegen der stark gesunkenen Ölpreise stehen derzeit aber viele Projekte von Ölförderern auf der Kippe.
Geschäft mit Stromerzeugung bleibt hinter Vorjahr zurück
Zwischen Oktober und Dezember verdiente Siemens unterm Strich knapp 1,1 Milliarden Euro und damit ein Viertel weniger als im Vorjahreszeitraum. Das Unternehmen begründete den Einbruch unter anderem mit Zinseffekten. Der Auftragseingang blieb um 13 Prozent hinter dem Vorjahreswert zurück, der einen milliardenschweren Metro-Auftrag in Saudi-Arabien enthalten hatte.
Auch interessant
Den Umsatz konnte Siemens im ersten Quartal um drei Prozent auf 17,4 Milliarden Euro steigern. Kaeser zeigte sich mit den Zahlen insgesamt zufrieden: "Die meisten Geschäfte haben sich im Rahmen unserer Erwartungen entwickelt."
In den einzelnen Geschäftsfeldern lief es allerdings sehr unterschiedlich. Während die Sparten Digitale Fabrik, Energiemanagement und Mobilität zulegen konnten, blieben das Geschäft mit Stromerzeugung und Gasturbinen sowie die Medizintechnik hinter dem Vorjahr zurück.
Gewinn soll um mindestens 15 Prozent zulegen
Sowohl Medizintechnik-Chef Hermann Requardt als auch Power & Gas-Chef Roland Fischer räumen ihre Posten. "Es gibt kein anderes Geschäft im Hause mit einem vergleichbar großen Handlungsbedarf - auch deshalb, weil die Zeichen der Zeit nicht ausreichend erkannt wurden, zum Beispiel wachsender Preisdruck und Überkapazitäten", sagte Kaeser mit Blick auf das Energie- und Gasgeschäft.
Die Ziele für das laufende Jahr bekräftigte der Konzernchef. Der Gewinn soll um mindestens 15 Prozent zulegen - auch weil der Verkauf der Sparten für Haushaltsgeräte und Hörgeräte rund drei Milliarden Euro in die Kassen spülen soll.
Kaeser will Siemens mit einem radikalen Umbau wieder auf Trab bringen. Über die Folgen für die Jobs beraten die Siemens-Führung und die Arbeitnehmervertreter am 4. und 5. Februar im Wirtschaftsausschuss, wie Kaeser bestätigte. Danach würden die Mitarbeiter und die Öffentlichkeit informiert. (dpa)