München. . Der Münchener Technologiekonzern überlässt Bosch seinen Anteil des Hausgeräteriesen BSH für drei Milliarden Euro. Dafür steigt der Technologiekonzern mit dem Kauf von Dresser-Rand in den US-Gasmarkt ein. Mit der Abgabe von BSH trennt sich Siemens von der letzten Schnittstelle mit Konsumenten.

Siemens-Chef Joe Kaeser macht mit dem Radikalumbau des Münchener Technologiekonzerns ernst. Dazu verkaufen die Bayern ihre Hälfte des Hausgeräteriesen BSH für drei Milliarden Euro an den Stuttgarter Partner Bosch. Mit dem Geld will Kaeser zur Hälfte den Kauf des US-Konzerns Dresser-Rand für knapp sechs Milliarden Euro finanzieren. Siemens ist sich mit Bosch sowie dem Management des texanischen Ausrüsters für die Öl- und Gasindustrie einig. An Dresser-Rand wird auch dem US-Erzrivalen General Electric (GE) Interesse nachgesagt. Einen Bieterwettbewerb hält Kaeser aber für „nicht besonders wahrscheinlich“.

Anders als beim jüngsten Ringen um die französische Industrie-Ikone Alstom hat bei Dresser-Rand Siemens die Nase vorn. Mit dem Anlagenbauer Sulzer hat zudem bereits ein anderer Interessent die Segel gestrichen. Das ist bemerkenswert, weil der Verwaltungsratspräsident von Sulzer der frühere Siemens-Chef Peter Löscher ist. Die Münchener sind nun optimistisch, ihre größte Übernahme seit einem Jahrzehnt bis Sommer 2015 unter Dach und Fach zu haben.

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Hoher Kaufpreis für Dresser-Rand

„ Als Premiummarke in den globalen Märkten für Energieinfrastruktur passt Dresser-Rand perfekt in das Siemens-Portfolio“, begründet Kaeser den Milliardenzukauf. Ein Schnäppchen sei er nicht. Siemens könne aber wichtige Lücken im Portfolio schließen. Beide Konzerne würden einen Weltklasseanbieter für die jährlich mit sechs bis acht Prozent wachsenden Öl- und Gasmärkte schaffen und nahe an Marktführer GE heranrücken. Mit der Technologie der Texaner hätten die Bayern auch über Nacht einen Fuß in der Tür des lukrativen US-Schiefergas- und Frackingmarkts. Der dortige Boom ist bislang an Siemens vorbeigegangen.

Technologisch und regional ergänzen sich Siemens und Dresser-Rand ideal, loben auch Analysten. Der Kaufpreis sei angesichts unabhängiger Bewertungen von rund vier Milliarden Euro aber hoch. Das Objekt der Siemens-Begierde schaffte mit 8100 Beschäftigten voriges Jahr 2,3 Milliarden Euro Umsatz und 250 Millionen Euro operativen Gewinn – also gut zehn Prozent Rendite. Das liegt über Siemens-Niveau. Indem Siemens damit GE vor der eigenen Haustür Konkurrenz macht, ist auch als Gegenschlag zum Kauf von Alstom durch GE zu werten.

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Ab 2019 jährliche Synergien von über 150 Millionen Euro erwartet

Um in den USA stärker Fuß zu fassen, lässt Kaeser derzeit die Siemens-Zentrale seiner Energiesparte nach Houston in die USA verlegen. Geführt wird sie von der von Shell abgeworbenen US-Managerin Lisa Davis, die jüngst in den Siemens-Vorstand berufen wurde und am Kauf von Dresser-Rand einigen Anteil hatte. „Unser Ziel ist es, der führende Anbieter und Systemintegrator für die Öl- und Gasindustrie zu werden“, stellte sie klar.

Mit den Texanern will Siemens ab 2019 jährliche Synergien von über 150 Millionen Euro erzielen. Größerer Stellenabbau sei dabei nicht geplant, betonte Kaeser.

Bosch erhält Siemens-Namensrechte

Mit der Abgabe von BSH trennt sich Siemens von der letzten Schnittstelle mit Konsumenten. Für die rund 50 000 Beschäftigten von BSH dürfte sich durch den Komplettübergang an Bosch wenig ändern. Für die Stuttgarter, die von ihrem Hauptstandbein als Kfz-Zulieferer unabhängiger werden wollen, sind Hausgeräte anders als für Siemens Kerngeschäft. „Die BSH passt sehr gut zu unserem strategischen Leitmotiv Technik fürs Leben“, sagte Bosch-Chef Volkmar Denner. Die Namensrechte von Siemens, einer der beiden Hauptmarken von BSH neben Bosch, darf der Konzern weiter nutzen.