Utrecht. Die 13-jährige Niederländerin Laura Dekker darf nicht alleine mit ihrem Boot Guppy um die Welt segeln. Das hat ein Familiengericht in Utrecht entschieden. Laura sei noch in der Pubertät. Eine zweijährige Seereise könne ihre geistige und seelische Entwicklung beeinträchtigen, heißt es.

Außerdem sei es zu gefährlich für das Mädchen, ganz alleine in einem Segelboot auf hoher See zu sein. Extreme Wetterverhältnisse wie schwere Stürme oder Orkane könne sie dazu alleine nicht meistern, befand das Gericht. Diese stellt Laura vorerst unter amtliche Vormundschaft. Ihren Eltern wurde nicht das Sorgerecht entzogen. Sie müssen jetzt jedoch alle wichtigen Entscheidungen über das Schicksal ihrer Tochter mit der Jugendfürsorge absprechen. Das Gericht verfügte ferner, dass ein Kinderpsychologe Laura untersuchen soll.

Laura lebt auf einem Hausboot

Laura selbst und ihr Vater Dick Dekker (43) haben bisher nicht auf den Richterspruch reagiert. Ebensowenig wie die aus Deutschland stammende Mutter von Laura, die sich zu dem umstrittenen Segeltörn ihrer Tochter bisher überhaupt nicht geäußert hat. Die Eltern sollen geschieden sein. Die 13-Jährige lebt gemeinsam mit ihrem Vater auf einem Hausboot in Wijk bij Duurstede. Der Anwalt der Familie Dekker, Peter de Lange, erklärte: ,,Der Richter hat eine wohlüberlegte Entscheidung getroffen.” Laura war nach Angaben des Anwalts nicht in Utrecht vor Gericht erschienen, ,,weil ihr der ganze Rummel um ihre Person ein bisschen zu viel wird”. Geklagt hatte die niederländische Kinderschutzorganisation ,,Raad van de Kinderbescherming”, die verhindern wollte, dass das Mädchen alleine zu einem zweijährigen Segletörn um die Erde aufbricht.

Die Dekkers sind Segel-Fanatiker. Lauras Vater, Dick, segelte vor 13 Jahren mit seiner hochschwangeren deutschen Frau um die Welt. Während dieser Reise kam Laura vor Neuseeland zur Welt. Dick Quaadgras, in dessen Werft Dick Dekker gelegentlich arbeitet und Segelboote baut, sagte: ,,Die Dekkers tun einfach, was sie wollen. Sie glauben, die Welt um sie herum sei verrückt, nicht sie selbst.”

Weltumsegler: "Eine störrische Görre"

Der Weltumsegler Klaus Hympendahl (70) aus Düsseldorf, der mehrere Bücher, unter anderem über Yacht-Piraterie, geschrieben hat, sagte dieser Zeitung, eine 13-Jährige wäre den Anforderungen niemals gewachsen gewesen. „Natürlich kann sie segeln, aber ihr fehlt die Erfahrung für alles andere, was zur Seemannschaft gehört, ob es um Navigation, um Reparaturen oder das Lesen der Strömung geht.” Zudem würden Kinder schneller müde als Erwachsene.

Weil Laura durch den Panamakanal wolle, müsse sie dort in Colon für jede Menge Formalitäten an Land. Hympendahl: „Das ist eine Stadt, wo Sie selbst als erwachsener Mann nur zwischen den Autos herumlaufen, damit Sie nicht in irgendeinen Häusereingang gezogen werden. Piraten sitzen ja an Land.” Die Einsamkeit sei ein geringeres Problem, wenn man ein Laptop mithabe oder ein Handy, „um Papa oder Mama anzurufen”. Auch die Nacht empfinde der Segler nicht als unheimlich. „Ungemütlich wird's nur, wenn es stürmt und pfeift.” Den Alterswettlauf, wer denn der jüngste oder auch der älteste Weltumsegler sei, hält Hympendahl für abenteuerlich. Laura Dekker komme ihm vor „wie eine störrische Göre”. Und die Eltern? „Die können nicht ganz dicht sein.”

Alleinsein auf See ist problematisch

Gabriele Petersen, Sprecherin des Deutschen Kinderschutzbundes in Berlin, betonte: „Ein Mädchen mit 13 Jahren, das in der Pubertät ist, kann nicht überblicken, was in zwei Jahren sein wird.” Hinzu komme natürlich die Schulpflicht. Die Sozialpädagogin: „Ich kenne die Beweggründe der Eltern nicht, weiß nicht, ob sie vielleicht ins Guinness-Buch der Rekorde wollen.” Nicht zuletzt sei ein so langes Alleinsein auf See für ein Mädchen dieses Alters problematisch. „Sie braucht – auch für ihre emotionale Entwicklung – einen Gegenpart und kann nicht nur über das Internet mit der Welt kommunizieren.”