Dortmund.

Es war ein typischer Sonntagabend: Zur besten Sendezeit, gleich nach dem Tatort, konfrontierte Anne Will ihre Gäste mit der alle Welt bewegenden Frage: „Sex, Lügen, Prozesse – was ist los mit unseren Vorbildern?“ Als Expertinnen waren geladen: die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und die Alt-Feministin Alice Schwarzer. Ein unterhaltsamer Talk, von dem der Zuschauer vermuten durfte, dass er besonders preiswert zu produzieren ist.

Dem ist aber nicht so. Schon 2008 zahlte die ARD Anne Will pro Sendeminute 3164 Euro. Ab dem Herbst wird es dann zwar wohl noch unterhaltsamer, aber auch noch teurer. Für seinen Teilzeitjob soll Günther Jauch von der ARD pro Minute 4487 Euro bekommen. Zum Vergleich: Die Produktionskosten für eine Sendeminute von ARD und ZDF liegen im Durchschnitt bei 1000 Euro.

Bürger tragen die Honorare mit

Erstaunlich ist, dass die Bürger solche Honorare mittragen. Bei weniger unterhaltsamen Gelegenheiten reagierten sie schon empfindlicher. Als etwa das Bankensystem im Zuge der Finanzmarktkrise zu kollabieren drohte, konnte die Öffentlichkeit von staatlichen Hilfen nur dadurch überzeugt werden, dass die Gehälter der Manager bei 500 000 Euro pro Jahr gedeckelt wurden. Seitdem muss sich Martin Blessing, der Chef der Commerzbank und von immerhin 59 000 Mitarbeitern, mit rund 200 Euro pro Arbeitsstunde bescheiden. Und selbst von einem solchen Stundensatz kann Angela Merkel nur träumen. Die Bundeskanzlerin kommt nicht einmal auf die Hälfte.

Werden hier etwa Äpfel mit Birnen verglichen? In inhaltlicher Beziehung zweifellos. Schließlich geht es bei Will und Jauch um Spaß, dagegen bei Blessing und Merkel um Ernst. In finanzieller Beziehung ist der Vergleich dennoch vertretbar. Es sind ja nahezu die gleichen Personen, die die Kosten tragen. Nur nennt man sie beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen Gebührenzahler und beim Staat Steuerzahler. Die unterschiedlichen Bezeichnungen können aber nichts daran ändern, dass faktisch die Bürger mit Zwangsabgaben belastet werden.

Was könnte Schlimmes passieren, wenn die Honorare im gebührenfinanzierten Fernsehen in Anlehnung an den staatlich gestützten Bankenbereich auf 500 000 Euro pro Jahr gedeckelt würden? Gut möglich, dass Günther Jauch nur noch in den privaten Programmen zu sehen wäre. Gut möglich, dass Spaß und Unterhaltung noch stärker als heute zu den Privaten abwandern würde. Zu hoffen wäre allerdings, dass die Schicksalsfragen dieses Landes bei den Öffentlich-Rechtlichen mit der Seriosität diskutiert würden, die am Platze ist und die allein eine öffentliche Zwangsabgabenfinanzierung rechtfertigt.

Vielleicht würde aber auch alles anders kommen, und Günther Jauch würde sich zum Bundeskanzler wählen lassen. Politik wäre endlich unterhaltsam, und der Gebührenzahler würde sogar entlastet. Schließlich käme Jauch dann in die Talkshows ganz ohne Honorar.