Köln. .
Nach 953 Sendungen übergibt Günther Jauch die Stern-TV-Moderation an Steffen Hallaschka. Die Abschiedssendung gerät zur verkrampften Improvisation und lässt den Zuschauer ratlos zurück. Der Moderator hätte einen würdigeren Abschied verdient.
Die Sendung beginnt gewohnt explosiv. Ein Zusammenschnitt aus den letzten zwei Jahrzehnten: Günther Jauch mit tanzenden Cheerleadern, kopulierenden Schweinen, explodierenden Autos. Auf den ersten Studiogast Heiner Geißler folgen 8 000 weitere, im Bild die Kanzlerin, bevor sie Kanzlerin wurde, Wolfgang Schäuble, Joschka Fischer, Claudia Schiffer, Alice Schwarzer, Harald Juhnke und Steffi Graf. So weit, so vorhersehbar.
Der erste Gast legt die Messlatte für die Sendung dann gleich sehr tief. Atze Schröder erscheint als Günther Jauch verkleidet, mehr schlecht als recht allerdings. Damit sollte dem Moderator eine Retourkutsche für einen früheren Auftritt im Aufzug des Comedians erteilt werden. Weder Jauch selbst noch die Zuschauer wissen etwas mit dieser Nummer anzufangen. Nicht weiter bedauerlich also, dass Schröder sich nach wenigen Minuten belanglosen Geplappers wieder verabschiedet. Abgelöst wird er von Thorsten Schorn, bekannt als Radiomoderator bei 1Live und „Außenreporter“ bei der WDR-Sendung „Zimmer frei“. Bereits vor der Sendung kündigte er „die feindliche Übernahme“ des Fernsehstudios an. Er wolle Günther Jauch überraschen, hieß es.
Oliver Pocher als Feuerwehrmann
Was dann folgt, wirkt wie eine unbeholfene Studioprobe. Oliver Pocher darf als Feuerwehrmann vor der Kamera herumhüpfen und tut auch in den folgenden Minuten das, was er am besten kann: er nervt. Die „berührendsten Schicksale und bewegendsten Momente“, wie es in der Vorankündigung heißt, bleiben aus. Eine persönliche Sendung wurde außerdem versprochen. Persönlich war sie tatsächlich, erfuhr man doch, dass der Moderator Rechtschreibfehler, Knoblauch und den BVB hasst, Brause-Ufos, Ordnung und Schreibmaschinen dagegen liebt. Durch zu viel Improvisation und aufgesetzter Lockerheit wirkte sie aber schnell unprofessionell. Erst als Jauchs Nachfolger, der 39-jährige Moderator Steffen Hallaschka, ins Studio kommt, entwickelt sich ein seriöses Gespräch zwischen den Kollegen und macht das Zuschauen erträglicher. Zu unruhig sind die 120 Minuten jedoch, zu albern, als dass sie in guter Erinnerung bleiben könnten.
Dabei hätte Günther Jauch einen würdigeren Abschied verdient. Der Vorzeigedeutsche (laut Umfragen würde die Mehrheit der Deutschen ihn zum Bundespräsidenten wählen) wird trotz neuen Sendeplatzes in der ARD den Platz in den Herzen seiner Zuschauer wohl behalten. Ab Herbst dieses Jahres moderiert er im Ersten eine Politsendung und kehrt damit zurück zu seinem Heimatsender. Beim Bayerischen Rundfunk hatte er als junger Redakteur angefangen. Nach 20 Jahren reinen Boulevards dürfte den Vollblutjournalisten diese neue Herausforderung sicher reizen. RTL bleibt er aber als „Wer wird Millionär“-Quizmaster erhalten.