Berlin. Noch nie zuvor haben sich so viele Menschen über Versicherungen beschwert. Der Versicherungs-Ombudsmann musste im vergangenen Jahr 19 000 Streitfälle schlichten, sieben Prozent mehr als im Jahr zuvor. Oft geht es um eine Lebens- oder Rentenversicherung.

Über die Versicherungswirtschaft gibt es offenbar so viele Beschwerden wie nie zuvor. „Die Eingänge haben ein Allzeithoch erreicht”, berichtete gestern der Ombudsmann der Versicherungswirtschaft, Günter Hirsch, von immer mehr unzufriedenen Kunden. Nahezu 19 000 Eingaben erreichten die Ombudsstelle 2008, genau 7,1 Prozent mehr als 2007. Oft dreht sich der Streit um eine Lebens- oder Rentenversicherung. Diese Sparte stellt 40 Prozent aller Beschwerden. Auch die Besitzer von Rechtsschutzpolicen sind häufig unzufrieden.

Ein weiteres Problem: Versicherungsvertreter nehmen es mit dem vorgeschriebenen Protokoll ihrer Beratungsgespräche häufig nicht genau. „Die Verbraucher sollten darauf achten, dass das Gesagte auch dokumentiert wird”, rät Hirsch. Mehrere hundert Beschwerden gegen Vermittler gingen 2008 bei der Schlichtungsstelle ein. In einem Fall trug der Berater als Kundenwunsch eine „optimale Absicherung” ein, seine Empfehlung lautete ebenfalls „optimale Absicherung”, doch im Protokoll war ein lapidares „wie gewünscht” verzeichnet.

Protokoll für den Papierkorb

„So ein Protokoll können Sie gleich in den Papierkorb werfen”, sagt der ehemalige Präsident des Bundesgerichtshofs, Hirsch. Vor Gericht kann die Nachlässigkeit zum Vorteil der Kunden werden. Zwar gilt das Formblatt nicht allein als Beweis einer richtigen oder falschen Beratung. Doch die Beweislast kann bei einem Streit vor Gericht auf den Vermittler übergehen.

Zur Vermeidung von Problemen sollten die Kunden bei einer Beratung zunächst auf eine detaillierte Ausgangsanalyse pochen, rät der Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Michael Wortberg. Ein Beispiel: Will ein Kunde eine Gebäudeschutzversicherung abschließen und hat eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, dann sollte deren Existenz auch im Beratungsprotokoll vermerkt sein. Doch damit nicht genug: „Am besten lässt man sich am Ende vom Versicherer schriftlich bestätigen, dass alles, was in der Analyse erwähnt wird, auch tatsächlich versichert ist”, sagt Wortberg. Denn denkbar sei, dass ein Versicherer im Beratungsprotokoll zwar genau aufführt, was versichert werden sollte, den speziellen Schutz aber gar nicht im Angebot hat. Keinesfalls solle man unterschreiben, dass man auf eine Beratung verzichtet, sagt Wortberg.

Beschwerde mit Erfolg

Wenn etwas schief geht, lohnt sich die Beschwerde beim Ombudsmann oft. Bei fast jeder zweiten Eingabe gegen Vertreter bekam der Kunde Recht. Bei Beschwerden gegen die Firmen sind die Erfolgsaussichten deutlich geringer. Der Ombudsmann entschied in gut einem Drittel der Fälle gegen die Unternehmen.

Besonders dreist gingen 2008 einige Bankberater vor. Sie knüpften eine Kreditzusage an den Abschluss einer Versicherung, die mit der Sicherung des Darlehens nicht einmal etwas zu tun hatte.