Berlin. Der neuerliche Eingriff in die Rentenformel kostet die Rentenkasse zusätzlich Milliarden. Den Beitragszahlern droht eine kräftige Erhöhung der Beiträge. Der Rentenexperte Raffelhüschen sagt bis 2011 einen Beitragssatz von 21,1 Prozent voraus. Andere Studien malen ein noch düsteres Bild.

Rentenexperten befürchten angesichts der geplanten gesetzlichen Garantie gegen sinkende Altersbezüge zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe. Der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen sagte in einem am Mittwoch veröffentlichten Gutachten mittelfristig Mehrausgaben von 46 Milliarden Euro voraus. Der erneute Eingriff in die Rentenformel erzwinge somit einen Anstieg des Beitragssatzes von heute 19,9 Prozent auf 21,1 Prozent ab 2011. Der Deutsche Gewerkschaftsbund wies die Prognosen als «Panikmache der Versicherungslobbyisten» zurück.

210 Euro mehr für Durchschnittsverdiener

Die Bundesregierung will mit einer Schutzklausel ausschließen, dass die Renten in konjunkturell schwachen Zeiten sinken. Raffelhüschen rechnet daher in der Studie im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft damit, dass der Durchschnittsverdiener mit einem Jahreseinkommen von 30.000 Euro im nächsten Jahr durch Beitragssteigerungen um zusätzlich 90 Euro belastet wird. Ab 2011 steige die Mehrbelastung auf 210 Euro. «Der Gleichbehandlungsgrundsatz zwischen Rentnern und Erwerbstätigen wird mit den Plänen von Arbeitsminister Olaf Scholz außer Kraft gesetzt», kritisierte er.

Mit Blick auf die bereits vorgenommenen Eingriffe ins Rentensystem fügte er hinzu: «Die Nachhaltigkeit der Rente wird leichtfertig aufs Spiel gesetzt.» Bereits durch das Aussetzen der sogenannten Riestertreppe in 2008 und 2009 sowie durch das Aussetzen von Rentendämpfungen 2005/2006 entstünden Mehrausgaben von 27 Milliarden Euro. «Die Bugwelle nicht realisierter Rentendämpfungen wird immer höher und kann erst bis zum Jahr 2017 nachgeholt werden», rechnete der Rentenexperte vor.

Noch düstere Voraussagen

Der Mannheimer Rentenexperte Axel Börsch-Supan geht sogar von einer noch deutlicheren Erhöhung aus. Laut einer schriftlichen Stellungnahme Börsch-Supans für den Bundestag könnte der Beitrag 2010 um bis zu 2,3 Prozentpunkte auf dann 22,2 Prozent steigen. Ein Durchschnittsverdiener wird demnach um bis zu 240 Euro im Jahr belastet. «Dies bedeutet eine deutliche Umverteilung von Jung nach Alt», heißt es in seiner Expertise.

Der Stellungnahme zufolge muss der Rentenbeitrag wegen der Wirtschaftskrise im kommenden Jahr um 1 bis 1,5 Prozentpunkte erhöht werden. Die Regierungsgarantie, die Renten nicht mehr zu kürzen, führe zu einem Anstieg um weitere 0,8 Prozentpunkte. «Für die jüngere Generation wird die gesetzliche Rentenversicherung daher deutlich unattraktiver.» Damit werde, entgegen der ursprünglichen Absicht des Kürzungsverbots, die gesetzliche Rentenversicherung destabilisiert.

Kritik vom DGB

Der DGB kritisierte diese Prognosen scharf. «Niemand kann heute seriöserweise sagen, ob die Schutzklausel für die Renten im nächsten Jahr überhaupt greift, wie stark die Wirtschaftskrise durchschlägt und ob Beitragserhöhungen nötig sein werden», sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Sie warf der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft vor, mit «Horrorzahlen über völlig ungewisse Entwicklungen» angeblich unvertretbare Belastungen für die jungen Generationen zu erfinden. Letztlich gehe es den «Wirtschaftslobbyisten» darum, die Beiträge künstlich zu deckeln, «um die Arbeitgeber zu entlasten und das Leistungsniveau weiter abzusenken, damit der Druck auf eine private Zusatzvorsorge noch größer wird». Der Bundestag stimmt am Freitag über die Renten-Garantie ab. (ddp)