Sanaa/Madrid. Fieberhaft geht die Suche nach der im Jemen verschleppten deutschen Familie weiter. Das jemenitische Innenministerium vermutet El Kaida hinter den brutalen Tätern, die wohl auch für die Ermordung der drei Frauen, darunter zwei Deutsche, verantwortlich sind.

Militärhubschrauber knattern über die Berghänge. Hunderte Soldaten durchkämmen die zerklüfteten Täler der nordjemenitischen Region Saada. Auch in den Nachbarprovinzen Al-Jawf, Amran und Hadscha wurde gesucht. "Kein Ort bietet den Tätern Sicherheit, selbst wenn sie sich tief unter der Erde verstecken sollten", erklärte das Innenministerium im Jemen. "Wir tun alles, was wir können, um die Geiseln zu finden."

Bis zum Mittwochnachmittag fand sich keine Spur von der verschleppten deutschen Familie: das Ehepaar Johannes und Sabine H. (beide 36) mit ihren drei kleinen Kindern Lydia (4), Anna (3) und Simon (1). Auch ein britischer Ingenieur, der mit den Deutschen unterwegs war, wird vermisst. Es wird nicht ausgeschlossen, dass El-Kaida-Terroristen hinter der Tat stecken. Doch solange keine klaren Erkenntnisse vorliegen, heißt es offiziell: "Die Hintergründe sind unklar."

250.000 Dollar Belohnung

Anfang der Woche waren die Leichen von drei Frauen gefunden worden, die ebenfalls zu der Gruppe gehörten: Zwei deutsche Diakonie-Studentinnen, Rita S. (25) und Anita G. (24), die ein Sozialpraktikum absolvierten, und eine südkoreanische Krankenschwester (34). Die Körper und Gesichter der Toten wiesen inoffiziellen Berichten zufolge schwere Stichverletzungen auf und waren fürchterlich entstellt. So sehr, dass sich die Identifizierung sehr schwierig gestaltete. Die jemenitische Regierung setzte eine Belohung von 250.000 Dollar (180.000 Euro) für Hinweise aus.

"Wir arbeiten rund um die Uhr, um die Täter dieses abscheulichen Verbrechens zu fassen", sagte ein Sprecher der Regierung von Präsident Ali Abdallah Saleh (67). Militär, Polizei und auch Freiwillige seien im Einsatz. Deutschland, Großbritannien und Südkorea schickten Anti-Terror-Experten in die jemenitische Hauptstadt Sanaa, um bei der Jagd nach den Mördern und der Suche nach den Vermissten zu helfen.

Die neunköpfige Ausländergruppe war am vergangenen Freitag entführt worden. Die Erwachsenen arbeiteten alle für eine niederländische Hilfsorganisation in einem Krankenhaus in der entlegenen nordwestlichen Provinz-Hauptstadt Saada. Die neun Ausländer waren ins wildromantische Hinterland zu einem Picknick aufgebrochen. Offenbar ohne die übliche bewaffnete Eskorte, die abenteuerlustige Ausländer in dieser Unruhe-Region vor Rebellen und islamistischen Terroristen schützen soll.

El-Kaida-Größe festgenommen

Die neun waren an jenem Tag aufgebrochen, an dem die jemenitischen Sicherheitsbehörden einen hochkarätigen El-Kaida-Führer festnahmen: Den "größten und einflussreichsten" Terrorfinanzier der Region namens Hassan Hussein Ben Alwan. Erst am Sonntag, zwei Tage später, gab das Innenministerium diesen Schlag gegen El Kaida offiziell bekannt. Am Montag wurden die Leichen der drei Frauen gefunden.

Nach Geheimdienstangaben gewinnt das internationale Terrornetzwerk El Kaida im politisch instabilen und landschaftlich zerklüfteten Jemen immer mehr Einfluss. Aus Afghanistan und Pakistan flüchtende "Gotteskrieger" hätten sich im Jemen eingenistet, heißt es. Auch tauchte im Internet schon vor geraumer Zeit ein El-Kaida-Mordaufruf gegen "ungläubige Ausländer" in der islamischen Republik auf. In den letzten zwei Jahren brachte El Kaida im Jemen 14 Touristen um: acht Spanier, vier Südkoreaner und zwei Belgier.