Sanaa. Die sechs im Jemen vermissten Geiseln sollen nach Angaben eines Stammesvertreters leben. Sie seien dem schiitischen Rebellenführer Abdallah el Risani übergeben worden. Unter den Entführten befindet sich eine fünfköpfige deutsche Familie aus Sachsen. Von ihnen fehlt seit Tagen jede Spur.

Die sechs im Jemen verschleppten Geiseln, unter ihnen fünf Deutsche, sind nach Angaben eines Stammesvertreters am Leben. Die fünf Deutschen und der Brite befänden sich in den Händen schiitischer Aufständischer, hieß es am Montag von Seiten des Stammesvertreters. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, es handle sich um dem Krisenstab bekannte «Gerüchte», die derzeit nicht bestätigt werden könnten.

Die Geiseln waren vor zehn Tagen im Norden des Jemen zusammen mit zwei weiteren Deutschen und einer Südkoreanerin entführt worden, die später tot aufgefunden wurden.

Rebellen lehnen Freilassung ab

Die Geiseln befänden sich in der Gegend von Rusmat in der nordjemenitischen Provinz Saada, sagte der Stammesvertreter. Sie seien dem schiitischen Rebellenführer Aballah el Risani übergeben worden. Der Stammesvertreter sagte, zu den Entführern gehörten zwei Männer, deren Namen mit Mohsen el Tam und Fauas Morki angegeben würden. Diese beiden Männer zählten zu den schiitischen Rebellen im Norden Jemens. Ein Mitarbeiter der jemenitischen Sicherheitskräfte sagte der Nachrichtenagentur AFP: «Diese Informationen sind zutreffend.» Die Rebellen lehnten es ab, die Geiseln freizulassen.

Der Vize-Sprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas Peschke, sagte, er könne nur sagen, «dass es sich hier um Gerüchte handelt, die dem Krisenstab auch bekannt sind, die wir aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen können». Die Leichen zweier im Jemen ebenfalls entführter und später getöteter deutscher Frauen seien inzwischen nach Deutschland zurückgebracht worden, fügte er hinzu. Zu Berichten über die möglichen Hintergründe der Entführung wollte Peschke sich nicht äußern.

Zusammenhang mit Tätigkeit als christliche Missionare

Vor zehn Tagen wurden eine fünfköpfige deutsche Familie, zwei junge deutsche Pflegehelferinnen, eine südkoreanische Lehrerin und ein britischer Ingenieur entführt. Die beiden Helferinnen und die Südkoreanerin waren vor einer Woche tot aufgefunden worden.

Der «Spiegel» hatte am Wochenende berichtet, die Entführung der Deutschen im Jemen könne mit einer möglichen Tätigkeit der Opfer als christliche Missionare zusammenhängen. Der Krisenstab des Außenamtes gehe davon aus, dass die Deutschen vor Ort auch als Missionare bekannt gewesen seien, berichtete das Nachrichtenmagazin. So soll es vor wenigen Monaten einen heftigen Streit gegeben haben, bei der Muslime den verschleppten Familienvater bedroht und ihn zum Stopp seiner Missionierungsversuche aufgefordert hätten. Der Mann soll den Vorfall in einem Rundbrief an Freunde in Deutschland geschildert haben.

In der Region Saada bekämpfen sich seit 2004 schiitische Aufständische und Regierungstruppen. Tausende Menschen wurden bislang in dem Konflikt getötet. (afp)