Duisburg. Die Nachfrage nach Stahl wächst weltweit wieder. Das ist auch in Duisburg zu spüren, wo der Branchenriese Thyssen-Krupp 12.000 Mitarbeiter beschäftigt. Nun erwägt der Konzern, einen stillgelegten Hochofen wieder in Betrieb zu nehmen. Auch die Kurzarbeit geht zurück.

Seit dem März steht der Hochofen 9 von Thyssen-Krupp im Werk Hamborn still. Einer von vier Hochöfen am Duisburger Standort ist damit außer Betrieb. Angesichts der Wirtschaftskrise hat der größte deutsche Stahlkonzern die Produktion deutlich gedrosselt. Mittlerweile ändert sich die Lage auf dem Stahlmarkt. Weltweit wächst die Nachfrage nach Stahl wieder. Daher wird immer wahrscheinlicher, dass Thyssen-Krupp den stillgelegten Hochofen in Hamborn wieder hochfährt. „Wir erwägen, spätestens Mitte November den Hochofen 9 wieder in Betrieb zu nehmen”, berichtet Erwin Schneider, der Sprecher von Thyssen-Krupp Steel. Zur Begründung verweist er auf die gestiegene Nachfrage der Kunden.

Offiziell getroffen ist die Entscheidung des Konzerns noch nicht. „Wir beobachten die Entwicklung auf dem Stahlmarkt sehr genau”, betont der Unternehmenssprecher. Doch die Planungen sind offenbar weit fortgeschritten. Eine Entscheidung soll Mitte oder Ende Oktober fallen. Dann hätten die rund 12 000 Beschäftigten von Thyssen-Krupp am Standort Duisburg Klarheit.

Produktion klettert auf höchsten Stand seit elf Monaten

Denkbar wäre auch gewesen, einen derzeit ruhenden Hochofen der Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) wieder hochzufahren. HKM ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Thyssen-Krupp und Salzgitter. Der Hochofen A bei HKM bleibt aber vorerst stillgelegt.

Zu Wochenbeginn hat die Welt-Stahlorganisation mitgeteilt, dass die weltweite Produktion auf den höchsten Stand seit elf Monaten geklettert ist. Im August haben die Werke wegen der anziehenden Nachfrage ihre Kapazitäten wieder stärker ausgelastet.

Schon Mitte August hatte Thyssen-Krupp-Konzernchef Ekkehard Schulz von Anzeichen für eine allmähliche Verbesserung der Lage berichtet und erklärt: „Wir könnten den vierten Hochofen jederzeit wieder in Betrieb nehmen.”

Kurzarbeit deutlich reduziert

Sollte der Hochofen 9 die Produktion wieder aufnehmen, ist auch mit entsprechenden Beschäftigungseffekten zu rechnen. Der „9-er” gehört mit einer täglichen Kapazität von 5000 Tonnen immerhin zur zweitgrößten Hochofen-Kategorie. Er ist ebenso groß wie der 2007 neu gebaute Hochofen 8 in Duisburg.

Schon jetzt konnte Thyssen-Krupp Steel die Kurzarbeit deutlich reduzieren. Auf dem Höhepunkt der Krise lag die Zahl der Kurzarbeiter bei bis zu 16 000 Beschäftigten in Deutschland. „Derzeit liegen wir bei deutlich unter 10 000 Mitarbeitern in Kurzarbeit”, erklärte der Unternehmenssprecher.

Die Folgen der weltweiten Rezession hatten Thyssen-Krupp mit voller Wucht erwischt. Allein in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres verbuchte Deutschlands größter Stahlkonzern einen Verlust von fast einer Milliarde Euro. Exakt verzeichnete das Unternehmen einen Verlust von 987 Millionen Euro vor Steuern – im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte man noch einen Gewinn von 2,3 Milliarden Euro erzielt. Der Konzern reagierte mit einem drastischen Sparprogramm. So wurden in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2008/2009 (bis 30. September) konzernweit 11 000 Stellen gestrichen, davon 4000 in Deutschland. Weltweit beschäftigt Thyssen-Krupp rund 180 000 Mitarbeiter.