Washington/Teheran. Nach der Wiederwahl des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad suchen die USA nach der richtigen Reaktion. Für Präsident Obama ist die Situation nicht leichter geworden. Nun muss er sich mit Ahmadinedschad arrangieren - und gleichzeitig Israel im Zaum halten.
Die diplomatische Grundregel, ausländische Wahlergebnisse weder mit Begeisterung noch Enttäuschung zu kommentieren, wollte man am Wochenende im Weißen Haus nicht beherzigen. Dafür saß die Enttäuschung über den Wahlsieg von Mahmud Ahmadinedschad einfach zu tief, nachdem amerikanische Medien in den letzten Wochen den Macht- und Richtungswechsel im Iran in Aussicht gestellt hatten.
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Und selbst Präsident Obama hatte am Wahltag öffentlich und etwas voreilig davon gesprochen, dass Ahmadinedschad nun wohl abgewählt würde. Als sich diese Hoffnung am Samstag endgültig zerschlug, brachen im Team Obama erst einmal Enttäuschung und Ratlosigkeit aus.
Hillary Clinton lässt Zweifel am Wahlergebnis mitschwingen
Wie soll es jetzt weitergehen im ohnehin gespannten, schwierigen, gefährlichen Verhältnis zu Teheran? Außenministerin Hillary Clinton meldete sich zu Wort, als man sich im Weißen Haus vom ersten Schock noch nicht recht erholt hatte: „Wir beobachten die Lage im Iran, so wie sie sich jetzt entwickelt, sehr genau, und wie der Rest der Welt auch, wollen wir genau wissen, was das iranische Volk entschieden hat. Wir hoffen, dass das Wahlergebnis tatsächlich den wahren Willen der iranischen Wähler widerspiegelt.”
Zweifel an einer fairen Wahl klangen da schon kräftig mit, und Bilder von Straßenschlachten in Teheran nährten bei manchen Amerikanern die Hoffnung, dass sich das Blatt doch noch wenden könnte. Die US-Regierung kündigte auch an, allen Hinweisen auf Wahlbetrug nachzugehen.
Dann eben ein Kurswechsel mit Ahmadinedschad
Dennoch, im Weißen Haus kalkuliert man trotz der unübersichtlichen Lage im Iran ganz nüchtern und stellt sich darauf ein, dass Ahmadinedschad im Amt bleiben wird. „Wir gehen von der Lage aus, die wir haben, und nicht von der, die wir uns wünschen würden”, hieß es aus der Umgebung des Präsidenten.”
Hoffnungen, wenn überhaupt, richtet man jetzt eher auf einen Kurswechsel mit statt ohne Ahmadinedschad: ”Vielleicht hat Ahmadinedschad jetzt verstanden, dass ihn die internationale Isolierung seines Landes auch bei den eigenen Wählern in Schwierigkeiten bringt„, sagte ein Berater von Obama am Samstag, ”vielleicht ist er jetzt eher bereit, in einen Dialog mit uns einzutreten.„ An der grundsätzlichen Gesprächsbereitschaft Obamas habe sich jedenfalls mit der Wahl nichts geändert.
Wahlergebnis macht es für Obama kompliziert
Doch außerhalb der Regierung mochte am Wochenende niemand solchen Optimismus teilen. Im Gegenteil, Experten warnten davor, dass der diplomatische und politische Kampf gegen die iranischen Nuklearambitionen nun noch schwieriger werden könnte. Denn immerhin sei Ahmadinedschad mit seinem antiwestlichen Kurs innenpolitisch nicht völlig gescheitert.
Und die Tatsache, dass er mit einem fragwürdigen Wahlergebnis wiedergewählt wurde, mache die Sache für Obama noch komplizierter: "Das ist das schlimmste Ergebnis, das denkbar war", sagte Thomas Pickerung, früherer Staatssekretär und Iran-Experte, "ab jetzt sieht es so aus, als würden die USA mit einem Präsidenten verhandeln, der nicht einmal auf demokratische Weise ins Amt gekommen ist. Ihn mit politischen Angeboten zu locken, wirkt jetzt noch widerlicher."
Israel droht mit Angriff im Alleingang
Komplizierter wird die Auseinandersetzung mit dem Iran für Obama auch durch die Rolle, die Israel im Konflikt mit dem Iran spielt. Wegen der geographischen Nähe, aber auch wegen seines unverhohlenen Antisemitismus fühlt sich Israel von Ahmadinedschad ganz unmittelbar bedroht und hat angekündigt, nukleare Produktionsstätten notfalls im Alleingang anzugreifen.
Die Regierung Obama - wie schon zuvor die Regierung Bush - versucht, Israel von einem solchen Alleingang abzuhalten. Eines der wichtigsten Argumente dabei lautete zuletzt, dass man die iranischen Wahlen abwarten und auf ein Ende Amtszeit Ahmadinedschads hoffen sollte. Nun hat sich, wie es scheint, auch diese Hoffnung zerschlagen, und der Konflikt zwischen Israel und dem Iran droht zu eskalieren.