Washington/Essen. Damit hat Barack Obama Menschenrechtler aus aller Welt gegen sich aufgebracht: Der US-Präsident hat Mitarbeitern des Geheimdienstes CIA, die unter seinem Vorgänger George W. Bush Gefangene gefoltert haben, Straffreiheit zugesichert.

„Es ist an der Zeit, nachzudenken und nicht zu vergelten”, so Obama in einer schriftlich verbreiteten Erklärung. „Wir haben ein dunkles und schmerzhaftes Kapitel unserer Geschichte durchlebt, wir werden aber nichts gewinnen, wenn wir nun unsere Energie für rückwärtsgewandte Schuldzuweisungen aufbrauchen”.

"Amnesty" fordert unabhängige Untersuchung

Menschenrechtler in aller Welt reagierten ablehnend bis empört. „Es ist ein falsches Signal”, sagte der Amerika-Experte Ferdinand Muggenthaler von Amnesty International Deutschland der WAZ. „Es kann nicht sein, dass es nur bei der Rhetorik bleibt, dass die USA ein Rechtsstaat seien – und dann passiert nichts.” Muggenthaler forderte eine unabhängige Untersuchung über alle Menschenrechtsverletzungen im so genannten Krieg gegen den Terror. „Und dann müssen sie strafrechtlich verfolgt werden.”

Im Forum der linksgerichteten US-Internetzeitung Huffington Post meldeten sich binnen weniger Stunden 1500 Leser. „Obama wird nie mehr meine Stimme bekommen”, schrieb einer.

Auf das Justizministerium verlassen

Die Straffreiheit, die Obama den CIA-Mitarbeitern gewährte, geht offenbar auf massiven Druck der Behörde zurück. Obama begründete seine Entscheidung damit, dass sich die CIA-Leute keiner Schuld hätten bewusst sein können. Denn sie hätten sich auf eine rechtliche Beratung des Justizministeriums verlassen. Das Ministerium hatte zehn „harte Verhörmethoden” für unbedenklich erklärt:

  • Griff am Kragen mit ruckartigem Ziehen nach vorne
  • Gegen die Wand schleudern des Körpers
  • Griff ins Gesicht des Gefangenen
  • Schläge ins Gesicht, möglichst mit gespreizter Hand
  • Einsperren des Gefangenen auf engstem Raum
  • Erzwungenes langes Stehen an der Wand
  • Andere ermüdende Körperhaltungen
  • Schlafentzug von bis zu 180 Stunden
  • Einsperren des Gefangenen mit vermeintlich gefährlichen Insekten
  • Simuliertes Ertrinken (das berüchtigte „Waterboarding”)

Die Gutachten, in denen das Justizministerium den Geheimdienstlern diese Methoden empfahl, waren bislang geheim gehalten worden. Die US-Regierung machte sie jetzt gleichzeitig mit der Amnestie-Ankündigung öffentlich. Zwei Menschenrechtsorganisation hatten auf Herausgabe der Papiere geklagt und vor einem US-Gericht Recht bekommen.

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