Paris. Die Wahlsiegerin von Berlin erobert in Paris die Titelseiten der großen Blätter.
"Merkel triumphiert" lautet die Schlagzeile des konservativen "Figaro", der die deutsche Kanzlerin daneben großformatig in strahlender Siegerpose abbildet. Die linke "Libération" titelt knapp "Super Merkel".
"Die warmherzigsten Glückwünsche" übermittelte schon am Wahlabend Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der seinem Brief handschriftlich den Zusatz "ton ami", "dein Freund", hinzufügte. Zwei Jahre nach Amtsantritt hat Sarkozy längst verinnerlicht, dass Frankreich in der EU im Alleingang nichts erreicht.
Bei denwichtigsten Vorhaben wie die Bekämpfung des Klimawandels und der Finanzkrise ist Frankreich dringend auf die Unterstützung Deutschlands angewiesen. Mehrfach betont er den hohen Stellenwert der Achse Paris-Berlin. "Es erfreut mich, dass ich bei der Belebung des Vereinigungswerks auf Ihr persönliches Engagement zählen kann", schreibt Sarkozy.
Einen "finsteren Tag für die Sozialdemokratie" diagnostiziert hingegen Jean-Christophe Cambadélis, der Generalsekretär der französischen Sozialisten, der eine neue soziale Kälte in Europa heraufziehen sieht: "Die Achse Merkel-Sarkozy-Barroso ist nach dieser Wahl noch mehr nach rechts gerückt und noch liberaler."
Die kommunistische "Humanité` würdigt nicht nur den rasantenAufstieg der Linken. Sie befasst sich ausführlich mit dem Phänomen Merkel und skizziert süffisant ihren Werdegang vom "Mädchen" (Helmut Kohls) über den Kosenamen "Angie" zur "Mutti aller Deutschen".
Eigentlich müsste die Wirtschafts- und Finanzkrise zum Bankrott des Liberalismus führen, stattdessen hätten ausgerechnet die Liberalen die Wahlen gewonnen, wundert sich der Kommentator von "Libération".
Dadurch, dass sich die SPD in das Korsett der großen Koalition mitder CDU gefügt habe, sei das Feld automatisch der Linken überlassen worden. Dass SPD, Grüne und Linken aber selbst bei einer rechnerischen Mehrheit nicht in Deutschland hätten reagieren können, erinnert den Kommentator an die Zerrissenheit der Linken im Lande. Sein Fazit: "Für die Linke in Deutschland wie in Frankreich ist der Rhein keine Grenze mehr."