Teheran. Heftige, gewalttätige Proteste gegen Mahmut Ahmadenidschad als Wahlsieger gab es am Wochenende in der Hauptstadt des Iran. Mussawi-Anhänger halten das Wahlergebnis für verfälscht.

Steine fliegen, Autos und Müllcontainer brennen, über einigen Teilen der iranischen Hauptstadt stehen schwarze Rauchwolken. Das ganze Wochenende über lieferten sich tausende junger Mussawi-Anhänger Straßenschlachten mit der Polizei. Spezialeinheiten machten mit Knüppeln Jagd auf Passanten.

Mit Handys von Dächern gefilmte Szenen zeigen Uniformierte, die wahllos auf Demonstranten einprügeln und sie scharenweise verhaften. „Nieder mit dem Diktator”, „Nieder mit dem Regime des Demagogen” skandierten die Empörten an zahllosen Plätzen. Alle Zufahrtsstraßen zum Innenministerium sind mit Betonsperren blockiert. Seit Innenminister Sadeq Mahsouli am Freitagabend kurz vor Mitternacht im Pressesaal seines Ministeriums vor die Kameras trat, spielen sich in der Hauptstadt Szenen ab, wie es sie seit den schweren Studentenunruhen vor zehn Jahren nicht mehr gab.

Kaum hatten die Wahllokale geschlossen, rief Mahsouli seinen Chef, den Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, offiziell zum Sieger aus. Von „Lug und Trug” sprach wütend der Herausforderer Mussawi. Auch er hatte sich am späten Freitagabend zunächst zum Sieger ausgerufen – offenbar irregeleitet durch eine Finte des Regimes. Mussawi habe einen Anruf vom Innenministerium erhalten, hieß es in seiner Umgebung. Der Kandidat habe die Wahl gewonnen und möge eine Erklärung vorbereiten, lautete die Botschaft. Doch kaum hatte der 67-jährige Ex-Premier vor den Mikrofonen Platz genommen, kam über die staatliche Nachrichtenagentur Irna die längst vorbereitete Jubelmeldung: „Doktor Ahmadinedschad hat die Mehrheit bekommen.”

Danach ging alles schnell. Das staatliche Fernsehen sendete vorgefertigte Huldigungen auf den Präsidenten und rief die Bevölkerung auf, sie möge sich hinter dem großen Sieger scharen. Kurz danach verwüstete ein Mob Mussawis Wahlkampfzentrale im Zentrum von Teheran. Und inzwischen läuft auch die politische Verhaftungswelle. Für Mussawi selbst, der am Wochenende nicht in der Öffentlichkeit gesehen wurde, blieb zum Protest nur seine Website. „Lügen und Tyrannei werden eine verheerende Wirkung auf das Schicksal des Landes haben”, schrieb er an „das ehrenwerte Volk des Iran”. Das Volk werde sich nicht einer Führung beugen, die „durch Betrügen an die Macht” gekommen sei.

Und in der Tat, die Liste der Merkwürdigkeiten ist lang. Nicht nur wurde Beobachtern der Opposition jeder Zugang zu den Wahllokalen verweigert. Am Samstag wurden die Handynetze in Teheran gekappt und das Internet gestört, um Mussawi von seinen Anhängern abzuschneiden. Nach mehreren Berichten waren 13 Millionen mehr Stimmzettel im Umlauf, als es Wahlberechtigte gibt. Umgekehrt konnten tausende Wähler nicht ihre Stimme abgeben, weil es keine Wahlzettel mehr gab.

Der oberste geistliche Führer Ayatollah Ali Chamenei pries den Wahlausgang als „wahres Fest”. Entsprechend unbekümmert präsentierte sich dann der Präsident bei seiner ersten Fernsehansprache an das Volk. Die Wahlen nannte er „frei und gesund”.