Essen. Hunderte von Randalierern haben sich zuletzt rund um Fußball-Stadien im Ruhrgebiet und Berlin ausgetobt. Es gab verletzte Ordner, hohe Sachschäden und über 100 Festnahmen durch die Polizei. Professor Gunter A. Pilz aus Hannover beobachtet einen "Gewalt-Tourismus".
Es sind Szenen aus Berlin, aber auch aus Bochum und Gelsenkirchen. „Da entwickelt sich unter Jugendlichen eine Gewalt- und Eventkultur”, warnt Gunter A. Pilz, Professor am Institut für Sportwissenschaft der Uni Hannover. Pilz, der als führender Gewalt- und Konfliktforscher im Bereich Sport gilt, beschäftigt vor allem das immer weiter sinkende Alter von jugendlichen Gewalttätern, das „erschreckend oft bei 14 Jahren” liege.
Der Fußball bietet die passende Bühne
Laut Pilz, dessen Beobachtungen von der Polizei und vom Deutschen Fußball-Bund geteilt werden, hat sich in den vergangenen Monaten ein kleiner Teil der sogenannten Ultra-Szene abgespalten, der bei der Anwendung von Gewalt „kaum noch Grenzen” kenne. Zur Wochenend-Gestaltung gehöre dabei eine Art „Gewalt-Tourismus”. Viele Täter, so Pilz, hätten mit Fußball gar nichts mehr zu tun, „aber zum Wochenend-Event gehört Gewalt als zentraler Bestandteil”, und der Fußball biete die passende Bühne.
Was Pilz beobachtet, hat auch die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) in Neuss erkannt, die sämtliche Gewaltdelikte rund um die drei deutschen Profi-Ligen analysiert und auswertet. In ihrem jüngsten Jahresbericht aus der Saison 2007/08 listet die ZIS 7264 Festnahmen auf, registriert 501 Verletzte, davon über zwei Drittel Polizeibeamte und Unbeteiligte – beides Höchstwerte seit Gründung der Info-Stelle vor zwölf Jahren. Andreas Piastkowski, Leiter der ZIS, beklagt, so sicher der Besuch von Fußballspielen auch immer noch sei, ebenfalls eine Zunahme vor allem jugendlicher Gewalttäter unter 16 Jahren: „Das macht uns Sorgen.”