Die Vertuschungsaktion um den umstrittenen Luftangriff auf einen Tanklastzug in Kundus stürzt die Bundeswehr in die größte Krise seit Jahrzehnten.

Walter Bau, Ressortleiter Politik der WAZ.
Walter Bau, Ressortleiter Politik der WAZ. © WR

Der Luftangriff von Nato-Bombern auf zwei Tanklaster mit über 140 Opfern in Afghanistan offenbart sich jetzt als politischer Sprengsatz mit Spätzündung: Die offensichtliche Vertuschung der Folgen des von einem deutschen Oberst angeforderten Luftschlags, der Taliban-Kämpfer treffen sollte, bei dem aber auch Zivilisten getötet wurden, stürzt die Bundeswehr in ihre tiefste Krise seit Jahrzehnten.

Fast mehr noch als der verheerende Angriff gilt dies für den Vertrauensverlust, den die Affäre der Bundeswehr beschert. Verschleiern, verschweigen, kleinreden – all das kratzt schon jetzt am Bild der „guten” Truppe, das die Bundeswehr und das Verteidigungsministerium so gern von sich selbst malen.

Guttenberg reagiert mit sicherem Instinkt

Der immer noch neue Verteidigungsminister Theodor zu Guttenberg hat mit der umgehenden Entlassung des Generalinspekteurs sowie seines Staatssekretärs zumindest politischen Instinkt bewiesen und die Brisanz der Affäre umgehend erkannt. Die Entlassungen waren unumgänglich. Generalinspekteur Schneiderhans Selbst-Freispruch der Bundeswehr in der Angelegenheit war zumindest voreilig und fahrlässig, womöglich urteilte er sogar gegen besseres Wissen.

Doch mit der Doppel-Entlassung ist die Sache längst nicht ausgestanden. Auch Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung muss sich jetzt unbequemen Fragen stellen. Hat er selbst mehr gewusst als er öffentlich zugab, dürften auch für den heutigen Arbeitsminister personelle Konsequenzen fällig sein.

Selbst Guttenberg, wenn auch erst seit kurzem im Amt, ist nicht gänzlich aus dem Schneider. Er wird glaubhaft nachweisen müssen, dass er erst gestern von den Details erfahren hat.

Wasser auf die Mühlen der Taliban

Auch wenn alle Folgen der Affäre derzeit noch nicht abschätzbar sind – klar ist schon jetzt, dass der Vorgang den gesamten Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch in Misskredit bringt. Der für ihren Einsatz so dringend notwendige Rückhalt in der afghanischen Bevölkerung dürfte weiter schwinden. Für die Terrorbande der Taliban dagegen bedeutet die Affäre dagegen Wasser auf ihre Mühlen.

Die Verantwortlichen in Bundeswehr-Spitze und Ministerium haben mit ihrer Vernebelungs-Taktik den deutschen Soldaten am Hindukusch einen Bärendienst erwiesen.