Washington. Nachdem der Mädchenmörder Romell Broom über zwei Stunden festgeschnallt auf der Todespritsche auf die Giftspritze warten musste, gibt es eine neue Diskussion über Hinrichtungen.

Romell Broom kann hoffen, mit dem Leben davon zu kommen. Die Hinrichtung des verurteilten Mädchenmörders ist vorerst verschoben. Höchste Richter im US-Bundesstaat Ohio haben nun darüber zu entscheiden, ob es grausam und unmenschlich wäre, Broom ein zweites Mal in die Todeskammer zu führen. Für November ist die erste Anhörung in diesem juristisch heiklen Fall angesetzt.

Der erste Versuch, dem 53-Jährigen die Infusionsnadel für den tödlichen Medikamenten-Cocktail einzuführen, war im September spektakulär gescheitert. Gut zwei Stunden hatten Brooms Henker an Armen und Beinen des früheren Drogensüchtigen nach einer geeigneten Vene gesucht. Eine Tortur war das für alle Beteiligten, die Zuschauer im Zeugenraum, das Gefängnispersonal und - in erster Linie - für den festgeschnallten Delinquenten, der zeitweilig mithalf, eine geeignete Einstichstelle zu finden. Auf 31 Seiten hat Broom beschrieben, welche Höllenqualen er bei den Versuchen erlitt, ihn zu exekutieren.

Brooms Fall verschafft auch anderen Insassen in Ohios Todestrakten eine Gnadenfrist. Zwei weitere geplante Hinrichtungen hat Gouverneur Ted Strickland vorerst ausgesetzt. Die anderen US-Bundesstaaten, die ebenfalls die Todesstrafe praktizieren, wollen Konsequenzen erst ziehen, wenn Ohio überprüft hat, was genau bei Brooms Exekution so schief gelaufen war. Der Zwischenfall hat die Debatte über Hinrichtungsmethoden in den USA neu entfacht und auch den Gegnern der Todesstrafe neuen Auftrieb gegeben.

32 der 50 Bundesstaaten praktizieren die Todesstrafe. Und alle setzen auf den tödlichen Cocktail aus drei Substanzen, die zunächst das Schmerzempfinden lähmen, dann das Bewusstsein ausschalten und schließlich das Herz stoppen sollen. „Alles kommt auf den Prüfstand”, versichert Ohios Justizsprecherin Julie Walburn. „Und wir werden bei dieser Prüfung nichts übereilen.” 32 Häftlinge hat Ohio seit Wiedereinführung der Todesstrafe vor zehn Jahren exekutiert. Alles verlief stets wie geplant - bis Broom an der Reihe war.

„Zwei Stunden auf sein eigenes Ende warten zu müssen, kann rechtlich nicht in Ordnung sein”, sagt Richard Dieter, Leiter eines Infozentrums der US-Todesstrafengegner. Fälle, bei denen erst nach mehr als einer Stunde der Tod eintrat, hat es bei Hinrichtungen vereinzelt gegeben. Im Herbst 2007 waren daher alle Exekutionen per Injektion in den USA vorerst ausgesetzt worden, um den Streit über die Tötungsart vom Obersten Gerichtshofs klären zu lassen.

Mit überraschend klarer Mehrheit hatten Amerikas oberste Richter Mitte 2008 die Giftinjektion für verfassungskonform erklärt. „Nur, weil eine Exekutionsart Schmerzen verursachen kann”, sei die Methode nicht per se grausam, meinten die Richter. 3300 Häftlinge sitzen zur Zeit in den Todestrakten der US-Haftanstalten. Doch nur den wenigsten droht tatsächlich die Exekution. 2007 wurden 42 Menschen hingerichtet, im Jahr davor 53. Unter Bill Clinton, 1999, waren es noch 98, doppelt soviele wie 2007.

Einen Fall wie den von Broom gab es zuletzt vor über 60 Jahren. Damals entschieden die Richter, dass der Delinquent ein Jahr nach dem gescheiterten Versuch ein zweites Mal auf den elektrischen Stuhl klettern musste.

Befürworter der Todesstrafe bemängeln derweil längst, dass um Brooms Schicksal zuviel Aufhebens gemacht werde. „Wenn der Todeskandidat der Meinung ist, die Giftspritze sei unmenschlich, sollte ihm die Gelegenheit gegeben werden, wie sein Opfer zu sterben”, hieß es in einem Leserbrief an die regionale Zeitung. Auch Alabama zeigt sich unbeeindruckt von der laufenden Prüfung in Ohio. Am letzten Donnerstag exekutierte der Südstaat einen Mörder per Giftspritze. Es war der 40. in den USA im laufenden Jahr.