Düsseldorf. Das Urteil zum möglichen Baustopp des Kohlekraftwerks in Datteln entsetzt die SPD im Ruhrgebiet. Die Sozialdemokraten sehen die Zukunft des Industriestandortes gefährdet. Eine gewisse Beeinträchtigung der Bürger muss nach Ansicht von Gelsenkirchens OB Baranowski in Kauf genommen werden.
Der Gerichtsbeschluss zum möglichen Baustopp des Eon-Kohlekraftwerks in Datteln hat in der SPD Bestürzung ausgelöst. „Das wirft grundsätzlich die Frage nach der Zukunft des Ruhrgebiets als Industriestandort auf”, sagte der Gelsenkirchener OB und Vorsitzende der Ruhrgebiets-SPD, Frank Baranowski.
Baranowski warb um mehr Verständnis: „Wenn man wie wir Industriestandort bleiben will, dann wird das auch nicht ohne eine gewisse Beeinträchtigung der Bürger gehen.” Wo solle man die Industrie denn ansiedeln „an der Nordsee?”, so Baranowski provozierend.
Der Vorsitzende der IG Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt, warnte im Zusammenhang mit dem Urteil vor einem „Pyrrhus-Sieg vermeintlicher Umweltschützer”. Solange neue sauberere Kraftwerke nicht ans Netz gehen könnten, liefen ältere mit höheren Emissionen weiter.
"In Deutschland werden nicht alle Lichter ausgehen, wenn wie auf neue Kohlekraftwerke verzichten"
Das Urteil schlägt Wellen. Jochen Flasbarth, der neue Präsident des Umweltbundesamtes, appellierte eindringlich, nach der Bundestagswahl den Streit um die Kohle zu lösen: „Gewerkschaften, Umweltverbände, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft müssen sich an einen Tisch setzen und darüber nachdenken, ob man in der Energiepolitik nicht einen Korridor für eine gemeinsame Position zur Kohle finden kann”, sagte Flasbarth der WAZ. „Wir müssen klären, wie viel Kraftwerkspark-Erneuerung wir benötigen und ab wann man künftig komplett auf Kohleverstromung verzichten kann.”
Die Auseinandersetzungen um neue Kohlekraftwerke seien nicht nur klimapolitische, sondern auch Standortdebatten, sagte Flasbarth. Er warb für einen Umbau der Energiewirtschaft: „In Deutschland werden nicht die Lichter ausgehen, wenn wir planmäßig auf Atomkraft und auf neue Kohlekraftwerke verzichten. Unsere Energienutzung muss dazu viel effizienter und die erneuerbaren Energien stärker werden.”