Zum zweiten Mal hatten die Menschen in Afghanistan die Wahl. Das ist ein demokratischer Fortschritt. Immerhin.
Er offenbart, dass es in diesem Land mutige Menschen gibt, die sich von den Taliban und anderen Extremisten nicht einschüchtern lassen, obwohl sie wissen, dass die Wahl allein nicht viel bewirken kann – vor allem für die Frauen nicht.
Ja, die mit westlicher Hilfe ausgearbeitete afghanische Verfassung garantiert Männern und Frauen vor dem Gesetz die gleichen Rechte. Aber sie ist ein Stück Papier. Mit der Lebenswirklichkeit der Frauen hat sie nichts zu tun. Der vom Westen gestützte Karsai war schon fünf Jahre Präsident, als das neue Familienrecht Gestalt annahm. Seit Anfang des Jahres ist es Frauen nicht mehr erlaubt, das Haus ohne Erlaubnis des Mannes oder Vaters zu verlassen. Die meisten Afghaninnen, die weder lesen noch schreiben können, leben ein Leben unter der Burka – im Verborgenen. Vom Vater oder Bruder häufig schon vor der Pubertät mit einem Unbekannten zwangsverheiratet zu werden, ist in Afghanistan kein Einzelschicksal. Eine Wahl haben die meisten Frauen nicht.