Trier. Damit eine Büttenrede bei den Narren gut ankommt, coacht ein Karnevalsrhetorik-Trainer Jecken an vielen Orten in Deutschland. Allerdings sind Büttenredner begehrt, denn viele kleine Fastnachtsvereine finden keine mehr. Ein Grund dafür ist, dass viele junge Leute ihre Freizeit anders gestalten.

Wenn sie gut sind, sind sie einer der Höhepunkte bei einer Karnevalssitzung: die Büttenredner. Sie erzählen Witze, reimen bissige Verse über "die da oben" oder nehmen lokale Prominente aufs Korn. Dabei sollen sie witzig, originell, überzeugend - und vor allem nicht langweilig sein. Ganz schön viel verlangt von Jecken, die nebenberuflich in ihrer Freizeit an Vorträgen basteln. Damit der Auftritt in der Bütt gelingt, coacht Karnevalsrhetorik-Trainer Marco Ringel seit vier Jahren Fastnachter von verschiedenen Vereinen vielerorts in Deutschland. "Oft reichen schon eine paar kleine Tricks zum Erfolg", sagt der 36-Jährige.

A und O ist das Sprechen: "Viele reden viel zu schnell, machen keine Pause und schauen das Publikum nicht an." Das geht gar nicht. "So kann kein Funke überspringen", sagt Ringel, der hauptberuflich Lehrer ausbildet und nebenbei Redner coacht. Im Rheinland beispielsweise oder in Schwaben. In seinen zweitägigen Seminaren wird daher das Vortragen x-mal geübt: Jeder muss seine Büttenrede mehrmals vor laufender Videokamera darbieten, anschließend wird sie in der Gruppe analysiert. Unter seinen "Schülern", deren Identität er geheim hält, sind auch Prinzenpaare und Vereinspräsidenten.

Ringel ist überzeugt: Der Erfolg einer Büttenrede hängt nicht vom Text, sondern von der Art ab, wie er vorgetragen wird. Wird eine Rede lebendig, schön betont und ausdrucksstark geboten, brechen die Zuschauer in schallendes Gelächter aus. Wird dieselbe Rede eher monoton abgelesen - gibt es bestenfalls ein müdes Lächeln vom Publikum. Und das sei schade, denn alle Büttenredner steckten viel Herzblut in ihren Auftritt.

Büttenredner fehlen

"Das Coaching ist sehr sinnvoll", sagt der Vizepräsident der Rheinischen Karnevals-Korporationen (RKK), Willi Fuhrmann, im rheinland-pfälzischen Niederzissen. Denn in den Fastnachtsvereinen gebe es immer weniger Büttenredner. "In jedem kleinen Örtchen gibt es eine Tanzgruppe - aber Büttenredner fehlen", sagt Fuhrmann, der 50 Jahre selbst in der Bütt stand. Nicht jeder könne das: Vor vielen Menschen stehen und Witze gelungen vortragen. "Wir sind ja alle keine Profis."

"Büttenredner sind sehr gesucht", sagt der 70-Jährige. Grund sei auch, dass es im Fernsehen zuhauf Karnevalssitzungen gebe, in denen gute Redner zu sehen seien. "An ihnen will sich im Dorf niemand messen", sagt Fuhrmann, der nach einem ersten Seminar mit Ringel auch künftig angehende Redner von ihm coachen lassen will. Fuhrmann kann die Furcht mancher Jecken verstehen, sie könnten neben TV-Profis mau aussehen. "Wenn man sich aber auf lokale Themen konzentriert, kommt man den Karnevalsgrößen nicht in die Quere."

Viele junge Leute haben dazu kaum noch Lust

Eine Büttenrede sei sehr zeitaufwendig, sagt Büttenredner Jürgen Jakobs von der Karnevalsgesellschaft der "Wieweler" in Trier. Man müsse das richtige Thema, die richtigen Pointen, das richtige Versmaß und das richtige Kostüm für sich finden. "Viele junge Leute haben dazu kaum noch Lust, weil sie in ihrer Freizeit ganz was anderes machen wollen." Jakobs ist seit seiner Kindheit Vollblut-Fastnachter. "Ich gehe dabei richtig auf."

Oft gebe es im Verein auch einen erfahrenen Profi, der dem Nachwuchs helfe, sagt der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval, Andreas Peters. Ob eine Rede gut ankomme oder nicht, hänge auch von der Stimmung im Publikum ab. "Wenn beim ersten Witz gelacht wird, hat man die Zuschauer gleich auf seiner Seite."

Gegen Nervosität und Aufregung vor einem Auftritt hat Ringel auch einen Kniff parat: "Das Affentrommeln - das ist eine Technik, die auch Schauspieler machen", sagt er. Dabei klopft man sich den Körper von oben bis unten ab, um sich zu spüren - das lenkt den Geist ab. Und was tun, wenn Zuschauer reinrufen? "Da schlage ich ein Sinnloszitat vor wie: Besser die Füße unter dem Tisch als die Hand im Wind", sagt Ringel - so könne man Kritiker erst einmal sprachlos machen.

Was ein Büttenredner auf keinen Fall tun dürfe sei, das Publikum zu beleidigen: "Die Leute sind ja da, um Spaß zu haben und dementsprechend muss man auf der Bühne positive Energie vermitteln." Und bei einem Misserfolg? "Den sollte man sich nicht so zu Herzen nehmen und weiter an sich glauben." (dpa)