Berlin. Die internationale Presse verneigt sich vor der Kanzlerin. Nach dem Wahlsieg feiern Guardian, Le Figaro, La Repubblica “Angela die Große“, die “Superkanzlerin“. Mit dem Wahlsieg habe sie ihren “unangefochtenen Anspruch als dominierende politische Figur im krisengeschüttelten Europa untermauert“.

Der spannende Ausgang der Bundestagswahl bewegt auch die Presse im Ausland. Zahlreiche Medien griffen das Thema auf. Eine Sammlung internationaler Pressestimmen.

"Le Figaro" (Frankreich)

"Das Vertrauen in (Bundeskanzlerin) Angela Merkel, ihr wichtigstes
Pfund, wird in dieser neuen Ära eine entscheidende Rolle spielen. Die
Bundeskanzlerin hat den Ehrgeiz, Geschichte zu schreiben, und damit fängt sie
jetzt an. Auch in Europa haben die Nachbarn Deutschlands ein neues Projekt und
eine neue Dynamik zu erwarten: Es geht hin zu mehr Zusammenhalt, mehr
Wettbewerbsfähigkeit, mehr Wachstum, hin zu einem stärkeren politischen Gewicht
der Europäischen Union in der internationalen Gemeinschaft. Dies erfordert einen
Neustart des deutsch-französischen Motors. Damit dieser läuft, muss Frankreich
versuchen, das Niveau Deutschlands zu erreichen, und darf nicht zu weit darunter
bleiben."

"Guardian" (Großbriannien)

"Haltet fest an Mutti. Das war die Botschaft der deutschen Wähler am
Sonntag, als sich Angela Merkel - die Mutter der Nation, wie sie von ihren
Imagemachern dargestellt wird - einen beeindruckenden persönlichen Triumph an
den Wahlurnen sicherte, der ihren unangefochtenen Anspruch als dominierende
politische Figur im modernen, krisengeschüttelten Europa untermauert. Seit die
Finanzkrise 2008 die Weltwirtschaft traf, haben Wähler in Europa ihre
Regierungen hinausgeworfen - ob linke, aus der Mitte, oder Mitte-Rechts. Aber
Frau Merkel und ihre Mitte-Rechts-Partei CDU/CSU widerstanden diesem Trend -
nicht ein Mal, sondern zwei Mal (...).

Das Netto-Ergebnis ist unmissverständlich. Die Deutschen haben Frau
Merkel ein starkes Mandat gegeben, um Deutschland zu regieren. Die Art und
Weise, wie sie ihre neue Macht ausübt, wird nicht nur Deutschland betreffen, so
wichtig das auch ist, sondern ganz Europa. Und das schließt uns hier in
Großbritannien ein. Dies ist das Zeitalter von Merkel."

"La Repubblica" (Italien)

"Der Wahlerfolg von Angela Merkel mutet an wie eine feierliche
Ovation der Nation für ihren Sieg in der europäischen Krise. Es ist ein Triumph,
die Rückkehr auf das Schlachtfeld, wo sie Können und Mut unter Beweis gestellt
hat. Dem entspricht die Mehrheit im Bundestag, die niemand in dieser Dimension
vorherzusagen gewagt hätte. (...) Die Krise hat Präsidenten und Premierminister
in Europa hinweggerafft. Aber im Zentrum des desolaten europäischen Panoramas
ist Deutschland eine Insel von Stabilität und Wohlstand, wie es das vielleicht
nie zuvor gewesen ist. Und gestern hat das Land mit einer demokratischen Wahl
dankbar "Angela die Große" an der Macht bestätigt."

"El Mundo" (Spanien)

"Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass Merkels Triumph historisch
ist, vergleichbar mit dem überwältigenden Sieg von (Altkanzler Helmut) Kohl 1990
nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung. Aber Merkel zeichnet sich dadurch
aus, dass sie drei Wahlen in Folge gewonnen hat und dass sie die Einzige an der
Spitze eines großen europäischen Landes ist, die ihr Mandat inmitten der Krise
bestätigt. Gordon Brown, Berlusconi, Sarkozy und Zapatero mussten die Macht
abgeben. Der Schlüssel ihres Erfolges war zweifellos das anhaltende Wachstum der
deutschen Wirtschaft, mit einer Arbeitslosenquote von fünf Prozent, einer der
niedrigsten in der EU, verbunden mit einem Image der Sparsamkeit und
Effektivität, mit dem sie die Deutschen erobert hat."

"Neue Zürcher Zeitung" (Schweiz)

"(Bundeskanzlerin Angela) Merkel hat sich in der deutschen Politik eine
Ausnahmestellung erarbeitet, die selbst ihr politischer Ziehvater Helmut Kohl
nicht erreichte. Denn der "ewige Kanzler" war in seiner langen Amtszeit stets
angefeindet. Merkel hingegen sorgt mit ihrer Art der leisen Töne und vielen
kleinen Kompromisse dafür, dass niemand ihre Dominanz als bedrohlich empfindet.
Dank ihrem Understatement fallen auch die Niederlagen, von denen es in den
letzten Jahren einige gab, nicht sonderlich auf. So herrscht am Ende meist der
Eindruck vor, hier regiere eine Frau mit gesundem Menschenverstand und
Augenmaß. Mehr will die Kanzlerin nicht, und in dieser Selbstbescheidung liegt
ihre große Stärke."

"De Morgen" (Niederlande)

"Mag der Kurs des strengen Sparens und des Beschneidens des
Wohlfahrtsstaates bei uns auch als ein umstrittenes Vorbild "struktureller
Reformen" gesehen werden, im eigenen Land wird Merkel gepriesen für ihre
Berechenbarkeit und Standhaftigkeit. Das ist langweilig, sicher, aber dies ist
nicht die rechte Zeit für große Abenteuer. Einmal mehr scheinen Emotionen und
Psychologie an der Wahlurne den entscheidenden Ausschlag gegeben zu haben. Eine
Entscheidung für Merkel ist keine logische Entscheidung für ein Programm,
sondern eine gefühlsmäßige Entscheidung für das Vertraute. Das ist
nachvollziehbar in diesen unruhigen Zeiten."

"Diena" (Lettland)

"Für manche ist (Bundeskanzlerin Angela) Merkel der Garant für eine stabile und
verantwortungsvolle EU-Politik, für andere eine Symbolfigur der deutschen
Vormachtstellung und bedrückender Sparmaßnahmen. Die Meinungen sind geteilt,
aber eins ist sicher - die deutsche Bundeskanzlerin hat großen Einfluss auf
EU-Prozesse, und das gestrige Wahlergebnis hat nicht nur Auswirkungen für
Deutschland, sondern für alle Bürger in der EU. (...) Der zentrale Begriff im
Wahlkampf lautete Vertrauen, aber zu konkreten Plänen für die Zukunft
Deutschlands und zu europäischen Fragen war nur wenig zu vernehmen. Auch
Lösungen für unbequeme Fragen wurden nicht diskutiert, ihre Beantwortung hat
sich aufgrund der Bundestagswahl verzögert."

"24 Tschassa" (Bulgarien)

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"Unabhängig davon, ob die CDU allein regieren wird oder in einer
großen Koalition, sicher ist eins - Angela Merkel wird ihre dritte Amtszeit als
Kanzlerin antreten. (...) Die Wahl in Deutschland war eines der Hauptereignisse
des Jahres, nicht nur für das Land, sondern für ganz Europa. Wer die stärkste
Volkswirtschaft der EU in den nächsten vier Jahren regieren wird, erwies sich
aber als eine Frage, die kein einziger Soziologe oder Politologe bis zum letzten
Augenblick beantworten konnte. (...) Sollte es zu einer großen Koalition kommen,
wird Merkel allerdings auf recht viele Wahlversprechen verzichten und den Kurs
in der Eurokrise mildern müssen."

"Dernières Nouvelles d'Alsace" (Frankreich)

"(Bundeskanzlerin) Angela Merkel wird in Europa noch mehr Gewicht
haben, auch wenn sie eine Koalition mit einer anderen Partei als der FDP
eingehen muss. Und Pech für die südlichen Länder der Eurozone, die darauf
gehofft haben, dass die strenge Sparpolitik abgeschwächt wird. Und Pech auch für
Frankreich, dessen Stimme nicht mehr zählt und die erst wieder hörbar wird, wenn
sich die Lage der französischen Wirtschaft bessert."


"Lidove Noviny" (Tschechien)

"Fast 42 Prozent sind für Angela Merkel und ihre Christdemokraten
eine fantastische Nachricht und im europäischen Kontext der vergangenen Jahre
eine absolute Rarität. Während die Wähler andernorts in der Wirtschaftskrise
ihre Politikergarnituren abgestraft haben, ist Merkel an dieser Krise gewachsen.
Sie hat zwar nichts gelöst, denn die Konstruktion der Eurozone bleibt ein Risiko
für die Prosperität Europas, aber Deutschland genügt das. Der Kontrast zwischen
der Lawine schlechter Nachrichten aus dem Süden Europas und dem Wohlstand zu
Hause hat bei den Deutschen den Eindruck gefestigt, letzterer wäre der ganz
persönliche Verdienst der Kanzlerin."

"Rossijskaja Gaseta" (Russland)

"Das Wahlergebnis gilt als sensationell. Solch eine nervöse
Stimmenauszählung gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Die
Bundestagswahl, die auch über die Frage des deutschen Kanzlers und des Kabinetts
entscheidet, war ein totaler Drahtseilakt. Sicher scheint zunächst nur eins:
Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin, problemlos."

"Rzeczpospolita" (Polen)

"Jetzt wird sich ohne den Wahlkampf über den Köpfen zeigen, wie
Deutschland unter der Führung von Superkanzlerin Angela Merkel ihre Position in
Europa nutzen will, die so stark ist wie nie zuvor. Die dritte Amtszeit ist die
Gelegenheit zu zeigen (...), ob sie an die proeuropäische Tradition früherer
Kanzler anknüpft oder sich gefährlich der Charakterisierung auf Plakaten
griechischer Demonstranten annähert, die Merkel mit Hitler-Schnauzbart
zeigten."