Düsseldorf. . Schwabedissen macht keinen Hehl daraus, dass sie nicht zum politischen Establishment gehört und auch nicht gehören will. Sie ist Spitzenkandidatin der Linkspartei ohne eigene Wahlkampfplakate. Sie verteidigt überzeugend ihr Bild einer Anti-Politikerin.

Komplett neu ist Katharina Schwabedissen im politischen Geschäft nicht. Schon zu Zeiten der „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG) mischte die gebürtige Bielefelderin ab 2004 kräftig mit und war deren Landessprecherin in NRW. Pünktlich zu den vorgezogenen Neuwahlen an Rhein und Ruhr drängt Schwabedissen nun in die vorderste Reihe der Linken. Die 39-Jährige ist Spitzenkandidatin ihrer Partei für die NRW-Wahl und soll den Wiedereinzug in den Düsseldorfer Landtag schaffen.

Noch vor zwei Jahren waren Wolfgang Zimmermann und Bärbel Beuermann die Gesichter der Linken zur Landtagswahl. Die Partei zog mit 5,6 Prozent in den Landtag ein und das Duo bildete danach die Spitze der Fraktion. Schwabedissen, die seit 2008 Landessprecherin der NRW-Linken ist, zeigte sich nicht immer mit der Arbeit der Fraktion einverstanden. Noch im Oktober 2011 sagte sie: „Die Linke stützt sich zur Zeit zu sehr auf ihren parlamentarischen Arm. Wir müssen aktive Kreisverbände aufbauen, die Parteistrukturen gegenüber den Fraktionen stärken und hier zu einem Zusammenspiel kommen.“

Die gelernte Krankenschwester pflegt Kontakte zu der Occupy-Bewegung

In der Partei wird die Festlegung auf Schwabedissen als Linksruck wahrgenommen. Die gelernte Krankenschwester pflegt direkte Kontakte zur Anti-Atombewegung und den Occupy-Aktivisten. Ihr Thema ist die prekäre Lage von Hartz-IV-Empfängern und sozial Schwachen in diesem Land. Um auf deren Situation aufmerksam zu machen, will Schwabedissen von der Straße aus den Druck auf die anderen Parteien erhöhen. „Wenn die Menschen, die tagtäglich von Armut betroffen sind, zu großen Protesten zusammenkommen, muss sich in diesem Land etwas ändern“, sagte sie im dapd-Gespräch. In der Affäre um Christian Wulff preschte die zweifache Mutter Anfang des Jahres mit der Forderung nach einer Abschaffung des höchsten Staatsamtes vor: „Brauchen wir noch einen Übervater oder Ersatzkönig? Ich meine: Nein.“

Kein Polit-Profi

Schwabedissen macht keinen Hehl daraus, dass sie nicht zum politischen Establishment gehört - und auch nicht gehören will. Während ihre Kontrahenten zur gemeinsamen TV-Runde der Spitzenkandidaten in Businesskleidung erscheinen, trägt Schwabedissen Jeans und Turnschuhe. Beim lockeren Gespräch zwischen Kraft, Röttgen und Co. steht die 39-Jährige eher unbeteiligt am Rand. Und Plakate mit ihrem Konterfei gibt es im Wahlkampf sowieso nicht. „Die Linke wird für ihre Inhalte gewählt und nicht, weil die Spitzenkandidatin ein hübsches Gesicht hat“, sagt sie pragmatisch.

Trotz der personellen Frischzellenkur, die ihre Spitzenkandidatur darstellt, rüttelt Schwabedissen nicht an den thematischen Schwerpunkten der Linken. „Unsere Schuldenbremse heißt Millionärssteuer“, sagt sie gebetsmühlenartig bei allen öffentlichen Auftritten. Auch die bisherige Forderung nach Einführung eines Sozialtickets gehört zum Standardrepertoire im Wahlkampf.

Gute eine Woche vor der Wahl sieht es in Umfragen nicht danach aus, als dass Schwabedissen mit den Linken wieder in den Landtag kommt. Für diesen Fall kündigt sie an, gemäß ihrem politischen Verständnis dann außerparlamentarisch weiter zu machen. Sollte es aber doch noch klappen, wird sich Schwabedissen erst einmal auf ihre neue Rolle als Parlamentarierin vorbereiten müssen. „Ich stehe dem parlamentarischen Geschehen noch ein bisschen skeptisch gegenüber. Parlamente haben immer die Tendenz, deren Mitglieder zur Anpassung zu zwingen“, sagt sie und sorgt sich um ihr Anderssein gegenüber den Polit-Profis. (dapd-nrw)