Washington. . Am „Super Tuesday“ hat Mitt Romney hat seine Favoritenrolle im Kampf um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner mit sechs Siegen gestärkt. Allerdings gelang es dem früheren Gouverneur von Massachusetts nicht, seinen ärgsten Verfolger Rick Santorum abzuschütteln.

Momentum ist ein Wort aus der Physik. Es geht um Masse und Geschwindigkeit. In Amerika wird darunter die Dynamik verstanden, die mit den Erfolgreichen ist. Eine Art Aura, nicht wirklich messbar, eher gefühlt.

Sechs von zehn Vorwahlen hat Mitt Romney, der ehemalige Gouverneur von Massachusetts, am Mammut-Wahltag für sich entschieden. Darunter in einem Wimpernschlag-Finale Ohio. Ohne dort zu gewinnen, ist die letzten 100 Jahre so gut wie niemand in den USA Präsident geworden. Mit rund 400 (von 1144 nötigen) Delegiertenstimmen liegt der 64-Jährige deutlich vor dem Verfolgerfeld. Aber wo ist das Momentum?

Auf der Suche nach einer Botschaft

Maggie Habermann, Analystin der viel beachteten Medienseite „Politico“, brachte die Meinung vieler US-Kommentatoren gestern so auf den Punkt: „Romney bleibt weiter der Mann, der auf der Suche nach einer Botschaft ist.“ Meinungsforscher haben über Nacht die Wahlergebnisse von Ohio, Massachusetts, Idaho, Vermont, Virginia, Alaska, Oklahoma, Tennessee, North Dakota und Georgia überflogen. Ihr Befund klingt vertraut: Bei wohlhabenden, weißen Wählern, für die Themen wie Wirtschaft, Staatsverschuldung und globale Supermacht-Pose wichtig sind, kann der ehemalige Private-Equity-Manager punkten. Ohne zu begeistern. „Zwischen Mitt und den Menschen bleibt immer eine unsichtbare Wand”, kommentierte ein Analyst beim Sender CNN.

Wiedergeborene Christen und Amerikaner aus der Arbeiterklasse fühlen sich dagegen bei dem ultrakonservativen Rick Santorum besser aufgehoben. Der frühere Senator von Pennsylvania hat zwar nur drei Siege davon getragen. Das Kopf-an-Kopf-Rennen mit Romney in Ohio macht den 53-Jährigen, der sich seiner proletarischen Wurzeln als Enkel italienischer Bergwerksarbeiter rühmt, zum alleinigen Herausforderer Romneys.

Kein Sex vor der Ehe

Santorum liefert der konservativen Basis das, was sie bei Romney vermisst: identitätsstiftende Ankerplätze. Kein Sex vor der Ehe. Empfängnisverhütung ist schlecht. Schluss mit der Trennung von Staat und Kirche. Schwulen-Ehen abschaffen. Abtreibungen auch bei Vergewaltigungen verbieten.

Ron Paul (76) ging am Dienstag leer aus. Newt Gingrich hat einzig seinen Heimat-Bundesstaat Georgia gewinnen können. Dass beide keine Anstalten machen aufzugeben (Paul, weil er landesweit eine unbeirrbare Mini-Gefolgschaft hinter sich weiß, Gingrich, weil ihn ein Casino-Mogul aus Las Vegas mit millionenschweren Finanzspritzen politisch am Leben erhält), zieht das von wechselseitigen Verleumdungen geprägte Rennen um die Präsidentschaftskandidatur in die Länge.

Barbara Bush spricht vom "schlimmsten" Kandidaten-Rennen aller Zeiten 

„Vor Ende April wird sich gar nichts klären”, hieß es beim Obama-freundlichen Sender MSNBC, „bis dahin fällt die Vierer-Bande weiter übereinander her.” Schon heute gilt die Qualität der politischen Angebote der Herausforderer vielen Republikanern als unterdurchschnittlich.

Barbara Bush, Gattin des früheren republikanischen Präsidenten George Bush, spricht mit großmütterlicher Autorität bereits vom „schlimmsten“ Rennen aller Zeiten. Profiteur ist nach allgemeiner Einschätzung Präsident Obama. Seine Zustimmungsraten steigen. Er ist in vielen Debatten das, was die Amerikaner „den einzigen Erwachsenen im Raum” nennen. Änderung ist nicht in Sicht.

Zu Tode gesiegt

Dahinter steht diese Logik: Je mehr Auftrieb Santorum noch bekommt, desto stärker muss sich der moderat-liberal eingestellte Romney nach rechts aus dem Fenster lehnen und extreme Positionen beziehen, um in den Vorwahlen auf die rund 700 noch fehlenden Delegiertenstimmen zu kommen. Das kann dauern.

Ende Mai, Anfang Juni sind bei nur drei Vorwahlen, darunter Kalifornien, 491 Stimmen zu vergeben; mehr als bei den zehn Wahlen gestern. Bis dahin könnte sich Romney bei unabhängigen Wählern, die in der eigentlichen Präsidentenwahl am 6. November entscheidend sind, unmöglich gemacht haben, warnen Berater. „Das Momentum wäre dann gestoppt“, spottete ein republikanischer Blogger, „Mitt Romney hätte sich zu Tode gesiegt.“