Witten. . Ein 51-jähriger Mann aus Sri Lanka fuhr regelmäßig mit der Bahn vom Ruhrgebiet nach Hessen und das mindestens 156-mal ohne gültigen Fahrschein. Für seine Freifahrten verurteilte das Wittener Amtsgericht den gelernten Gärtner ohne festen Wohnsitz zu anderthalb Jahren Haft.

Es ist eine Mammut-Anklage, die Verlesung dauert über eine halbe Stunde, dem Staatsanwalt wird zwischendurch ein Glas Wasser gereicht: Ein 51-Jähriger stand am Donnerstag wegen Schwarzfahrens vor dem Wittener Amtsgericht - in 156 Fällen. Die Dauer-Pendelei endete mit anderthalb Jahren Haft.

Der gelernte Gärtner aus Sri Lanka wirkt hilflos. Er ist zwar in Witten gemeldet, doch einen festen Wohnsitz hat er nicht. Immer wieder tingelte er seit 2010 mit der Bahn zwischen Ruhrgebiet, Kölner Raum und Rheinland-Pfalz hin und her: Köln-Frankfurt, Bonn-Koblenz, Witten-Düsseldorf – mindestens 156-mal ohne gültigen Fahrschein. Es kam erst jetzt zum Verfahren, weil der Mann untergetaucht war. „Das ist nur die Spitze des Eisberges“, glaubt Richter Bernd Grewer. Seine Freifahrten begründete der Angeklagte mit einer verlorenen Fahrkarte.

Angeklagter besuchte angeblich Freunde in Frankfurt

Warum der Mann immer wieder mit der Bahn fuhr - darüber herrschte bis zum Schluss Rätselraten. In Frankfurt habe er Freunde, die er besuche, er suche Arbeit und eine Wohnung, wiederholte er gebetsmühlenartig gegenüber seinem Übersetzer. In der hessischen Großstadt erhalte er Sozialhilfe. Doch das wies die dortige Verwaltung in einer schriftlichen Stellungnahme zurück.

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Ein Sachverständiger, der mit dem 51-Jährige Gespräche führte, brachte ins Spiel, dass er möglicherweise dankbar die Gelegenheit eines warmen Gefängnisaufenthaltes annehme - vor allem in der kalten Jahreszeit. Insgesamt viermal saß der Mann bereits wegen Schwarzfahrens hinter Gitter, weil er seine Geldstrafen nicht bezahlen konnte.

Immer kleine Strecken mit Regionalzügen zurückgelegt

Auch für die Auffälligkeit, dass der Angeklagte nie eine komfortable Direktverbindung mit dem ICE nahm, sondern stets kleine Strecken mit Regionalzügen zurücklegte, hatte der Sachverständige eine Theorie: Bei kurzen Strecken sei die Wahrscheinlichkeit geringer erwischt zu werden, das habe der 51-Jährige in einem Gespräch angedeutet. Gegen die Anzeigen-Flut half diese Strategie allerdings nur bedingt.