Die Krankenkassen erstatten immer weniger Geld für Krankenfahrten, klagen Wittener Taxiunternehmen. Was früher sehr lukrativ war, habe sich zum Verlustgeschäft entwickelt. Manche Kassen versteigern ihre Patienten regelrecht im Internet, um den Preis für Krankenfahrten zu drücken.
Die Wittener Taxiunternehmen klagen, dass sie immer weniger Geld für Krankenfahrten von den Kassen erstattet bekommen. Was früher äußerst lukrativ war, habe sich zum Verlustgeschäft entwickelt. Die Krankenkassen berufen sich indes auf Rahmenverträge mit Taxiverbänden. Manche Kassen gehen aber noch einen Schritt weiter und versteigern ihre Versicherten regelrecht in Internet-Auktionsbörsen, um den Preis für sogenannte Serienfahrten nochmal zu drücken.
„Krankenfahrten lohnen sich gar nicht mehr für uns“, sagt Taxiunternehmer Anton Djukic. „Normale Fahrten sind deutlich lukrativer“, pflichtet ihm Kollege Marijan Djordic bei. Für Fahrten bis fünf Kilometer erhalten die Unternehmen derzeit je nach Vertrag und Krankenkasse eine Pauschale von rund acht Euro. Ab dem sechsten Kilometer bekommen sie meist 1,35 Euro.
Ärztliche Verordnung notwendig
Sofern die Kassen die Fahrten überhaupt bezahlen. Seit einer Gesetzesänderung 2004 ist dazu eine Verordnung vom Arzt nötig, der „die medizinischen Gründe kritisch prüfen muss“, sagt Christopher Schneider von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Das ist zum Beispiel bei einer starken Gehbehinderung oder Pflegestufe II der Fall, oder wenn Patienten eine Strahlen- oder Chemotherapie bekommen. Die ärztliche Verordnung muss aber von der Krankenkasse genehmigt werden – und kann theoretisch auch abgelehnt werden.
Dann muss der Patient, der im Regelfall ohnehin einen Zuschuss von fünf bis zehn Euro pro Fahrt übernehmen muss, selbst zahlen. „Versuchen Sie das mal den Kunden zu erklären“, sagt Taxiunternehmer Hermann Bühren. „Die Kassen entziehen sich allem“, klagt er und verweist auf Milliardenüberschüsse.
Ausschreibung von Serienfahrten
Die Krankenkassen und ihre Verbände berufen sich jedoch auf gültige Rahmenverträge mit Taxiverbänden. Die Barmer GEK und die Novitas BKK versuchen die Preise aber weiter zu drücken, indem sie Serienfahrten einzelner Patienten (etwa zur Dialyse) im Internet ausschreiben. Der günstigste Unternehmer erhält den Zuschlag. Prozessoptimierungspotentiale nennt die Barmer das. „Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass das Verfahren für unsere Versicherten keine Nachteile mit sich bringt. Ein Qualitätsverlust ist nicht festzustellen“, schreibt ein Sprecher auf Anfrage. Man werde am bewährten Verfahren festhalten – mit Erlaubnis des Bundessozialgerichts. Das hat Ende 2011 entschieden, dass die Ausschreibungen zulässig sind. Patienten dürfen aber ein anderes Taxiunternehmen wählen, sofern dieses Vertragspartner im Rahmenvertrag ist.
Ein Unding, findet Friedhelm Herwig vom Verband des privaten gewerblichen Straßenpersonenverkehrs (VSPV): „Wir müssen davon wegkommen.“ Die Taxiunternehmen seien das schwächste Glied in der Kette und hätten – anders als zum Beispiel die Pharmaindustrie – keine Lobby. Dass Krankenfahrten ein reines Verlustgeschäft seien, glaubt Herwig aber nicht.