Witten. . Drei Tage lang machte der WDR Witten zum Zentrum für Musikliebhaber aus der ganzen Welt. Die Veranstalter der 44. Wittener Kammermusiktage freuen sich über den Erfolg des Festivals, das am Sonntag endete.

Etwa 3000 Besucher ließen sich in den vergangenen Jahren von der experimentellen neuen Musik anziehen. Obgleich die Zahlen des Kartenverkaufs zu Redaktionsschluss noch nicht komplett gesichtet wurden, war WDR-Mitarbeiterin Swaantje Burow „überaus zufrieden“ mit den Besucherzahlen. Fast alle Veranstaltungen seien extrem gut besucht worden. Die Gesprächsrunden und kleineren Konzerte im Märkischen Museum waren teilweise komplett ausverkauft.

Beim Eröffnungskonzert „Arc-en-ciel“ am Freitagabend füllte sich sogar der große Theatersaal des Saalbaus bis in die obersten Ränge, obwohl viele Festival-Besucher aus ganz Deutschland und den europäischen Nachbarländern erst am Wochenende anreisten. Für sie übertrug der WDR 3 das Konzert des Asko/Schoenberg Ensembles und der Pianistin Pauline Post live im Radio.

Schon innerhalb der ersten Takte zeigt sich, dass die Neue Musik die einstigen klassischen Kriterien der Kammermusik immer weiter hinter sich lässt. Die Größe des Ensembles steht dabei zunehmend weniger im Vordergrund. „Mitunter kann auch ein Stück für 48 Stimmen immer noch kammermusikalisch sein, weil der „Ton“ entsprechend intim ist“, erklärt WDR-Redakteur Harry Vogt, der das Festival seit über 20 Jahren künstlerisch prägt.

Der Fokus liegt auf dem Kleinen. Auf Musikgruppen, in denen die einzelnen Musiker mehr Verantwortung für das Ganze übernehmen müssen – teils sogar ohne Dirigenten. Hier eröffnet sich den Komponisten ein freies Experimentierfeld für kompositorische Einfälle.

Mit höchster Konzentration

Zwölf Minuten lang etwa dauert das Stück „Sweetheart , Goodbye!“ von Brigitta Muntendorf, das am Freitag im Theatersaal seine Uraufführung feierte und das thematisch an einzelne Passagen aus dem Roman „Ulysses“ von James Joyce anknüpft. Der Schauspielerin und Sängerin Nicola Gründel verlangten diese zwölf Minuten die höchste Konzentration ab.

Denn der Text des Stückes für „Stimme, Lautsprecher und acht Instrumente“ sollte keinesfalls in hübschen Melodien gesungen werden. Stattdessen verlangte die Partitur eine fest vorgeschriebene Sprechweise: Mal laut, mal leise, mal in höchsten Tönen kreischend und in der nächsten Sekunde tief flüsternd. Und plötzlich ist inmitten der musikalischen Erzählung über die imaginäre Liebesbeziehung von Sonnencrème die Rede. Ein leises Schmunzeln geht durch den Saal.

Denn wie bei zahlreichen Konzerten der Kammermusiktage zu hören war, ist die Vielfalt des „Neuen“ in der Musik fast grenzenlos: Stimmen, elektronische Samples, einige für Laien ungewohnt „schief“ klingende Töne, fast mathematisch konstruierte Tonfolgen, oder eben auch: Komik.