Witten. . Der Brandbekämpfung in Witten droht der Kollaps, falls Freiwillige zukünftig nur noch 48 Stunden pro Woche arbeiten dürfen. „Weniger Personal bedeutet mehr Schaden, mehr Verletzte, mehr Tote“, prophezeit Hans-Joachim Donner (54), Leiter der Berufsfeuerwehr.

Die Personallücke zu schließen würde die Stadt Millionen kosten. Hintergrund der Sorgen ist das Vorhaben der EU, die wöchentliche Arbeitszeit im Sinne des Arbeitsschutzes generell auf 48 Stunden zu begrenzen – Ehrenamt inklusive. Wer 40 Stunden im Hauptberuf leistet, dürfte dann nur noch acht weitere am Schlauch stehen. Bei diesem Mini-Zeitkontingent sieht Donner für Einsätze in Witten schwarz. „Die freiwilligen Kollegen sind pro Woche mehrere Stunden bei Bränden und Übungen. Bei einer Arbeitsbegrenzung wären viele Einsätze gefährdet.“

Die Feuerwehr in Witten muss rund 1200-mal jährlich ausrücken, 200-mal davon zu Bränden. Die Freiwilligen kommen auf etwa 600 Einsätze – Tendenz steigend. Ohne die 350 Wittener Ehrenamtler in den zwölf Löschzügen geht nichts mehr. In acht von zehn Fällen wird ihre Hilfe benötigt. Laut einer Brandschutzbedarfsberechnung fehlen schon jetzt 70 Helfer.

Arbeit nach der Stechuhr gibt es bei der Feuerwehr nicht

Einsatzzahlen aus der Innenstadt zeigen ihre Bedeutung: Neben den mehrstündigen Übungen stehen für die Löscheinheit Altstadt mit vier Einsätzen pro Woche so viele an wie nirgends sonst in Witten. Das reicht von der Katze auf dem Baum bis zum Großbrand. „Bei so viel Arbeit kommt man leicht über acht Stunden. Nach der neuen EU-Richtlinie müsste ein Freiwilliger dann künftig den Schlauch fallen lassen“, fürchtet Feuerwehr-Chef Hans-Joachim Donner. „Sollen wir vor einem brennenden Haus etwa mit der Stechuhr arbeiten?“

In abgelegenen Stadtteilen wie Vormholz muss die Feuerwehr zwar „nur“ zehn- bis 20-mal pro Jahr ausrücken. Im Ernstfall ist sie dort aber besonders auf die örtlichen Kräfte angewiesen. Wenn die ihre Arbeitszeit ausgereizt hätten, würde das Löschen zum Problem. Denn: „Die Höchstzeit von acht Minuten bis zum Einsatzort könnte die Berufsfeuerwehr dort nicht einhalten“, stellt Hans-Joachim Donner klar. Im schlimmsten Falle könnte lebenswichtige Hilfe zu spät kommen.

Hoffen auf Scheitern des Vorhabens aus Brüssel

Wie sehr die Feuerwehr am Tropf ihrer ehrenamtlichen Kollegen hängt, macht ihr Leiter an einem Wohnungsbrand deutlich: „Wir brauchen 16 Mann. Unser Problem ist: Die Berufsfeuerwehr hat nur zehn verfügbar.“ Die restlichen sechs sind Freiwillige aus den einzelnen Löschzügen der Stadtteile. Donner: „Ohne ihre Hilfe brennt im wahrsten Sinne der Baum.“

Der Branddirektor sieht nur zwei Auswege: Der eine ist unwahrscheinlich, der andere teuer. „Ich hoffe, dass das Vorhaben in Brüssel noch gekippt wird. Ansonsten müsste die Stadt 36 weitere Berufsfeuerwehrleute einstellen, um die ausfallenden Freiwilligen zu ersetzen – das wäre wohl nicht finanzierbar.“ Bei einem Verdienst von 50 000 Euro pro Jahr müsste der Kämmerer 1,8 Millionen Euro lockermachen.

INFO

Die Berufsfeuerwehr hat 88 Beschäftigte, die Freiwillige Feuerwehr zählt 350 Ehrenamtliche. In der Hauptwache stehen 20 Einsatzfahrzeuge bereit, die Löschgruppen der Ortsteile kommen auf 30. Bei einem durchschnittlichen Brand rücken zwei Löschfahrzeuge, eine Drehleiter, ein Leitwagen und ein Rettungswagen aus – plus Freiwillige. Letztere müssen rund um die Uhr erreichbar sein. Sie werden per Pieper angefunkt.